Ich kann KanzlerIm Jahr 2008 machte das TV-Format "Canadas Next Great Prime Minister" im internationalen Fernsehmarkt die Runde, wurde auch zahlreich verkauft und die große Frage war: Würde auch ein deutscher Sender zuschlagen? Kann die TV-Suche nach dem Super-Politiker in Deutschland funktionieren? Eine Antwort hatten das ZDF und Günther Jauchs Produktionsfirma i&u darauf noch nicht, aber dafür den festen Glauben daran - sie produzierten es. Am Freitagabend lief im ZDF die Live-Show "Ich kann Kanzler", nachdem das ZDF am Donnerstag bereits die Castings in Form einer 45-minütigen Dokumentation ausgestrahlt hat.

Und die katastrophalen Einschaltquoten dieser Einstimmung am Donnerstag sind nach der Live-Sendung am Freitag für Steffen Seibert der einzige Trost: Vielleicht hat ja auch diesmal kaum jemand eingeschaltet und damit seine schlecht vorbereitete Moderation mitbekommen. Der ZDF-Nachrichtenmann machte bei "Ich kann Kanzler" keine glückliche Figur. Mehrfach vergaß er den Ablauf der Sendung und das nicht nur so deutlich, dass es der Zuschauer mitbekam - nein, Seifert entschuldige sich nach wiederholtem Patzer auch in der Sendung, was man sympathisch finden oder als Kapitulation werten kann.
 
 
 
 
 
Zumindest aber war es ungewöhnlich, dass der Moderator einer ZDF-Abendshow irgendwann nur noch den Kopf schüttelt und vor sich hin grummelt "Das tut mir so leid". Eigentlich ging es bei "Ich kann Kanzler" ja um motivierte, engagierte Nachwuchstalente für die Politik. Noch am Donnerstagabend bei der Dokumentation der Castings hatte die Idee Charme, Witz und Unterhaltungswert. Erstmals setzte kein Fremdschämen ein, wenn eine Jury vermeintliche Talente durchwinkt oder nach Hause schickt. Und erstmals gab es eine Castingshow mit nicht ganz so trivialem Hintergrund und dem ZDF als seriösem Absender.
 
Vielleicht stiegen auch deshalb die Erwartungen an das Live-Finale von "Ich kann Kanzler" - und wurden so bitter enttäuscht. Man kann nicht einmal sagen, dass die Kandidaten alles gegeben hätten. Das konnten sie nicht, weil gar nicht alles von ihnen gefordert wurde. Zu brav, zu einfach, zu wenig kontrovers. In diversen Spielrunden sollten die Kandidaten zunächst das Saalpublikum und am Ende die TV-Zuschauer für sich gewinnen. Doch weil weder die Fragen der Jury, noch die Aufgaben der Redaktion spitz genug waren, füllt sich die Sendezeit mit allgemeinen Floskeln mit einer Aussagekraft wie "Zukunft ist für alle gut".
.