Foto: ARDNicht nur innnerhalb der ARD ist die Talksendung "Anne Will" wohl umstritten. Jetzt gibt es auch von Seiten der Politik massive Kritik an der Sendung - zumindest von Friedbert Pflüger, Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus. Pflüger fordert nicht weniger als die Absetzung der Sendung. Statt dessen solle Frank Plasberg mit seiner Sendung "Hart aber fair" den Sendeplatz einnehmen, so der Politiker.

Der Grund für Pflügers Unmut: Die Sendung vom vergangenen Sonntag. Will sagte in einer Anmoderation: "Dass man mit der Linkspartei erfolgreich Politik machen kann, das weiß der Chef der einzigen rot-roten Koaliton in Deutschland, der regierende Bürgermeister von Berlin ist bei uns, Klaus Wowereit".
 
 
Pflüger wirft der Redaktion vor, sie gebe falsche Fakten wieder. So soll in einem Einspielfilm die Höhe der Schulden, die die Berliner Regierung bei ihrem Antritt übernommen habe, falsch angegeben worden, was die rot-rote Regierung in eine besseres Licht gerückt haben könnte.
 
In dem Beitrag hatte es geheißen, "...kurz darauf kommt die rot-rote Koalition, erbt 60 Milliarden Euro Schulden - und führte Berlin auf die Erfolgsspur". Laut Pflüger sei der Schuldenstand bei der Regierungsübernahme geringer gewesen.
 
Daher teilt die Redaktion von "Anne Will" nun mit: "Mit dem Wort 'erben' beziehen wir uns aber auf die gesamten finanziellen 'Altlasten' (als Folge beispielsweise der Bankenkrise), die die Vorgängerregierung dem neuen rot-roten Senat überließ, und nicht auf den Schuldenstand am Tag des Regierungswechsels. Richtig ist außedem, dass unter der rot-roten Koalition in Berlin 2007 erstmals ein Haushalt mit eiem Überschuss abgeschlossen wurde".

Gegenüber der "Bild" sagte Pflüger: "„Die Sendung ‚Anne Will‘ zeichnet sich immer mehr durch Un- und Halbwahrheiten und bewusste Verzerrung von Sachverhalten aus. Die Talkshow sollte durch Frank Plasbergs ‚Hart aber fair‘ ersetzt werden. Anne Will hat nicht gehalten, was sich viele – auch ich – von ihr versprochen haben. Als Mitglied des Rundfunkrates des RBB Berlin werde ich mich für eine Ablösung von Frau Will einsetzen".

Auch andere Politiker meldeten sich in der "Bild" zu Wort, kritisierten aber weniger Will selbst, als die Tatsache, dass die Sendung dem populistich auftretetenden Lafontaine ein Forum geboten habe. So bezeichnete Lafonatine am Sonntag-Abend Bundeskanzlerin Merkel als "überzeugte Jungkommunistin" und nannte Bundesinnenminister Schäuble und Bundeverteidigungsminister Jung "Verfassungsfeinde".
 
Günther Beckstein, Ministerpräsident vor Bayern, der in der Sendung ebenfalls zu Gast war, sagte dazu der "Bild": "Eine Verharmlosung der Linken, die unsere Gesellschaftsordnung umstürzen wollen, vor Millionen-Publikum darf man ihm nicht durchgehen lassen".
 
Zum Vorwurf der politischen Unausgewogenheit der Sendung heißt es nun seitens der Redaktion, man habe neben prominenten Lafontaine-Kritiker, zu denen auch Günther Beckstein gehört auch ein Opfer des DDR-Regimes in der Sendung zu Gast gehabt, die sich kritisch über die Partei Die Linke geäußert habe.
  
Eine Absetzung der Sendung wegen der Schelte Pflügers ist eher unwahrscheinlich. Es bleibt allerdings die Frage, wie lange die ARD und auch Anne Will selbst dem Druck, dem die Sendung derzeit aus verschiedensten Richtungen ausgesetzt ist, standhalten.
 
Auf Nachfrage des Medienmagazins DWDL.de sagte ARD-Programmdirektor Günther Struve: "Die Forderung ist absurd und der Vorwurf der bewussten Verzerrung von Sachverhalten völlig unberechtigt. Wir haben noch keine Sekunde an der Kompetenz von Anne Will und der inhaltlichen Ausrichtung ihrer Sendung gezweifelt."
 
Erst kürzlich wurde öffentlich die Kritik, die innerhalb der ARD an der Sendung geäußert worden sein soll, diskutiert. SWR-Chefredakteur Peter Frey bezeichnete das vor einigen Wochen als "eine Demontage durch gezielt durchgesteckte Indiskretionen".

Mehr zum Thema:

Über die Kritik, die innerhalb des Konstruktes der ARD mit ihren neun Landesrundfunkanstalten aufkommt, sagte Will im März in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", es komme dort zu Weilen zu politischen Ränkespielen, die "auf dem Rücken der eigenen Mitarbeiter ausgetragen" würden. "Zum Beispiel, indem ein altes Papier zu einem bestimmten Zeitpunkt noch einmal rausgespielt wird. Dann geht es nicht um konstruktive Kritik, sondern darum, mir zu schaden", sagte Will weiter im Gespräch mit der "FAS".