Vielleicht aber ist das auch ein Problem, was sich bald wieder erübrigt: Mit über 150 Seiten ist der aktuelle "Focus" so dick wie nur wenige Ausgaben der vergangenen Monate. Zum Relaunch hat man offenbar alles gegeben. Doch zu den Themen später mehr. Auf das neue Inhaltsverzeichnis und das "Foto der Woche" folgt das Tagebuch der Chefredakteure Helmut Markwort und Uli Baur. Man erfährt, dass nur "Focus"-Leser ihre Bürgerrechte verantwortungsbewusst wahrnehmen können. Markwort wünscht sich "gut informierte und aufgeklärte Leser". Dass ist ein Wunsch, der sich allein durch eine Relaunch-Ausgabe weder erfüllen noch erahnen lässt. Aber man kann der Frage nachgehen, ob es dank des neuen Outfits bessere Voraussetzungen dafür gibt.
Und diese Frage kann man klar beantworten: Ja, der neue "Focus" sieht besser als der alte. Die großzügigere, etwas ruhigere Optik fällt schon auf den kleinteiligen News-Seiten zu Beginn auf. Und sie setzt sich bei den großen Storys fort. Weniger Storys mit mehr Tiefe sei das Ziel. Und inhaltlich mehr Politik und Wirtschaft, so war die Ansage. In der Tat fällt der Anteil an Service-Themen in der Relaunch-Ausgabe gering aus. Ob jedoch auf Dauer ein ambitioniertes, auch gut geschriebens Topthema wie "Mr. Inflation" über den US-Notenbank-Chef Ben Bernanke sich wirklich als Verkaufsschlager an den Kiosken erweisen wird, darf bezweifelt werden.
Eine der beiden Coverstorys: Das Mysterium Apple
Den Mut zu solchen Coverstorys sollte man aber behalten. Hier liegt es an Markwort bis zur Amtsübergabe einen langen Atem zu beweisen und den neuen Kurs zu halten. Immerhin hat man, wenn auch klein, ein populäres Thema auf das Cover gehoben: "Die Welt als Apfel: Nach dem iPhone jetzt das iPad? Warum Apple süchtig macht". Und erfreulicherweise entpuppt sich auch diese Story nicht als anderthalb-seitige Oberflächlichkeit, für der "Focus" oft in der Kritik stand. Es sind fünf lesenswerte Seiten. Ein gutes Beispiel für die neue Optik des "Focus" ist auch die Interview-Doppelseite mit Thomas de Maizière auf den Seiten 28/29 oder eben die Titelstory über Ben Bernanke.