Auf der einen Seite sprechen Sie davon, dass Sehgewohnheiten Zeit benötigen, auf der anderen Seite haben wir Thomas Gottschalk, der nur etwas mehr als vier Monate auf Sendung bleiben durfte...
Wenn Sie sich die Marktanteile auch nach über 70 Ausgaben von „Gottschalk Live“ ansehen, war eine andere Entscheidung leider kaum denkbar. „Gottschalk Live“ war ein Experiment. Wir haben dadurch aber gar nicht so wahnsinnig viel verloren. In der öffentlichen Wahrnehmung war die Akzeptanz der Sendung eine mittlere Katastrophe, tatsächlich hat Das Erste aber am Ende des Monats im Monatsmarktanteil durch „Gottschalk Live“ gerade mal 0,1 Prozentpunkte eingebüßt – wenn überhaupt. Ich finde das alles andere als schön, aber dieses Risiko spricht nicht gegen ein ambitioniertes Experiment. Das eigentliche Problem hatte nur mittelbar mit „Gottschalk Live“ zu tun: Die Startzeiten der Serien lagen während der Zeit von „Gottschalk Live“ ungünstig. Das war das eigentliche Risiko und das hat sich leider auch realisiert. Und „Gottschalk Live“ war nicht erfolgreich genug, um diesen Effekt zu kompensieren.
Hätte es da nicht mehr Sinn gemacht, den ganzen Vorabend auf einen Schlag neu zu starten – also mit den Krimiserien und „Gottschalk Live“?
Das kann man machen. Beide Strategien, ein großer Aufschlag oder eine sukzessive Einführung, haben Vor- und Nachteile. Eine konzertierte PR-Aktion ist eine aufmerksamkeitsstarke Botschaft an das Publikum. Andererseits, wenn in der Presse einzelne Serien diskutiert werden sollen, dann wäre es schlecht, wenn man mit einem Aufschlag sein 'Pulver verschießt'. So haben wir das Thema über viele Wochen in der Diskussion halten können.
Gilt diese Strategie auch für die Zukunft?
Im Herbst werden wir einen großen Aufschlag machen und alle drei Serien innerhalb einer Woche starten. Damit wollen wir auch signalisieren, dass uns die humorvollen Krimis als Farbe sehr wichtig sind.
Stichwort „großer Aufschlag“: Als Gottschalk noch lief, war ursprünglich geplant, „Null gewinnt“ als Sommervertretung täglich zu zeigen. Nun läuft die Sendung nur freitags. Würde es dem Format nicht womöglich helfen, wenn es einen großen Aufschlag mit Ausstrahlungen von Montag bis Freitag gäbe? So löst quasi eine Quizshow die andere ab...
Am Freitag ist die Fernsehnutzung stark vom Wochenendgefühl geprägt, daher kann es sinnvoll sein, am Freitag eine andere Farbe auszuprobieren als von Montag bis Donnerstag. Letztlich kommt man nicht darum herum, Erfahrungswerte zu sammeln.
So gesehen ist es vermutlich ungünstig, dass „Null gewinnt“ nach nur drei Wochen schon wieder wegen Olympia ausfällt.
Dieses Problem haben Sie häufig und es betrifft fast jeden Sendeplatz. Durch Sport-Events und Feiertage wird das Programm immer wieder unterbrochen. Optimal ist eine lange Strecke, aber bei 17 Folgen, die wir von „Null gewinnt“ senden, werden wir sicher einschätzen können, ob das Format funktioniert oder nicht.
Und dann kommt ja auch schon Kai Pflaume wieder...
Ich bin froh, dass wir Kai Pflaume für den Vorabend gewonnen haben. Er ist einer der beliebtesten und besten Moderatoren im deutschen Fernsehen. Daher werden wir auch im Vorabend mit ihm weiter an einem erfolgreichen Format arbeiten. Klar ist aber auch, dass wir alle mit den Akzeptanzwerten von „Drei bei Kai“ nicht glücklich sind. Daher entwickeln wir derzeit an weiteren Sendekonzepten.
Das ZDF hat es ja vorgemacht, wie man mit einer Krimi-Schiene am Vorabend Erfolg haben kann. Nur: Ist es nicht manchmal bitter, wenn das ZDF mit „SOKO“-Wiederholungen doppelt so viele Zuschauer erreicht wie Sie mit Erstausstrahlungen von „Heiter bis tödlich“?
Es gibt Strecken, in denen das ZDF vorne ist und es gibt Strecken, in denen die ARD führt. Das ZDF ist - wie RTL - auch ein Wettbewerber, überhaupt keine Frage. Und ehrlicherweise würde ich mir wünschen, am Vorabend bei den Marktanteilen noch näher an das ZDF heranzurücken. Andererseits würden die Kollegen aus Mainz sicherlich gern auf anderen Sendeplätzen zu uns aufschließen. Jeder hat so seine Zonen... (lacht)