
Vor allem RTL geriet in den vergangenen Monaten immer wieder in diesem Zusammenhang in die Kritik. Bei "Deutschland sucht den Superstar" wurde ein Kandidat in der Sendung von Dieter Bohlen verhöhnt – allerdings hat diese Szene so nicht stattgefunden. Bei "Punkt 12" wurde bei einer Millionärin auf Partnersuche gemogelt und erst kürzlich wurde die Tine Wittler-Sendung "Unterm Hammer" wegen Schummeleien kurzfristig abgesetzt. Auch in der Diskussion um "Erwachsen auf Probe" ernteten die Macher während einer Aussprache mit den Kritikern Unverständnis für Überzeugungen wie die, dass eine in der Sendung eingeblendete Uhrzeit nicht den Tatsachen entsprechen müsse – eine gefühlte Zeit sei im Dokumentarischen das Mittel der Wahl. Man mache doch schließlich Fernsehen, da komme es nicht so drauf an.

Allerdings hatte RTL in der Diskussion um "Unterm Hammer" keine Fehler eingestanden, sondern die Sendung wegen "offener Fragen" aus dem Programm genommen. Für Schneider indes ist klar, worauf das Einlenken des Senders zurückzuführen ist: "Die Debatten haben Wirkung gezeigt". Dies ist vermutlich aber nur ein Aspekt in einem Bündel von Ursachen. Von großer Bedeutung ist mit Sicherheit auch die wachsende Transparenz bei der Erstellung von Fernsehinhalten: Durch das Internet als Kommunikationsmedium lassen sich Schummeleien der Sender schneller und aufmerksamkeitsstärker aufdecken als noch vor einigen Jahren.
Denn es gibt noch eine weitere Entwicklung im Netz, die die Fernsehmacher allein aus Gründen des Selbstschutzes zu noch mehr Sorgfalt veranlassen sollte, als ohnehin schon gefordert: Der Aufwand, sich in einer Debatte zu Wort zu melden, wird für alle Zuschauer – und nicht nur eine Hand voll Medienkritiker – immer geringer. Es muss noch nicht einmal das umfängliche Watchblog sein, das eine Debatte in Gang setzt. Oft reicht auch schon eine aus einem ersten Impuls heraus geschriebene E-Mail an die richtigen Stellen, um Schummlern auf die Schliche zu kommen. Auch andersrum funktioniert's: Durch Suchmaschinen und seit nicht allzu langer Zeit auch soziale Netzwerke sind die Protagonisten der Sendungen ohenhin mit nur wenigen Klicks zu finden und können angesprochen werden.
Zum Umstand der TV-Schummeleien selbst sagt Schneider: "Jede Art von Fernsehen möchte uns über den kleinen Unterschied hinwegtäuschen, dass das, was Fernsehen als Wirklichkeit behauptet, eben nicht die Wirklichkeit ist. Das geschieht offen in Fernsehspielen und verdeckt bis zur Täuschung in Real-Dokus". Das Problem, das mancher Fernsehmacher offenbar nicht in jedem Moment vor Augen hat: Bei klar gekennzeichneten erdachten Handlungen, selbst in der so genannten Scripted Reality, ist der Bewertungsmaßstab der einer Unterhaltungssendung. Wird ein Ereignis als echt verkauft, so muss man sich nunmal an journalistischen Maßstäben messen lassen.