Dass bei der Produktion von Dokusoap-Formaten im privaten Fernsehen inszeniert, geschummelt und geschoben wird, um die gewünschte Geschichte erzählen zu können, ist eigentlich keine Neuigkeit. Auch RTL war damit in der Vergangenheit nicht gerade zimperlich und verteidigte die Vorgehensweise auch regelmäßig. Wenn die Vorwürfe gegen die in der vergangenen Woche erstmals gezeigte Dokusoap "Unterm Hammer" stimmen, dann hat das Biegen der Realität aber wohl eine Dimension angenommen, die auch RTL offenbar nach Bekanntwerden nicht mehr öffentlich verteidigen will.
Die vor allem durch ihre Renovierungs-Sendung "Einsatz in vier Wänden" bekannt gewordene Tine Wittler verschönert darin ein Haus, um dieses dann möglichst gewinnbringend zu veräußern. Angeblich hat sich bei der Auktion tatsächlich ein Käufer für 235.000 Euro gefunden. Via "Bild"-Zeitung bestreitet die Familie, der angeblich geholfen wurde, aber wesentlichen Punkte.
Der vermeintliche Käufer sei ebenso ein Statist gewesen wie zumindest einige der übrigen Bieter. Für die aufgerufenen 235.000 fand sich demnach kein Bieter, stattdessen habe überhaupt kein Verkauf stattgefunden. Dementsprechend habe auch die im Abspann noch explizit erwähnte "notarielle Beurkundung" im Anschluss an die Auktion nicht stattgefunden. Fast schon nebensächlich: Die Ersatzwohnung, die Tine Wittler der Familie angeblich beschafft hatte, sei lediglich eine Ferienwohnung eines Sohns der Familie gewesen. Das fragliche Haus soll bis heute vergeblich zum Verkauf stehen.
RTL stellt den Verlauf hingegen anders dar: Dem Sender zufolge sei der Käufer erst nach Ende der Dreharbeiten nachträglich - und ohne Wissen Tine Wittlers - vom Kauf zurückgetreten, nachdem die Familie mehr als die vereinbarten 235.000 Euro verlangt habe. Warum RTL dann im Abspann allerdings explizit auf die notarielle Beurkundung und die Verbindlichkeit der Auktion hinwies, erscheint da um so fraglicher.
Nun hat RTL in jedem Fall auf die Schummel-Vorwürfe reagiert und das Format mit sofortiger Wirkung aus dem Programm genommen. Gegenüber der dpa sprach RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger von offenen Fragen, die noch zu klären seien. Ehe das nicht geschehen sei, werde das Format nicht auf den Bildschirm zurückkehren. Statt "Unterm Hammer" wiederholt RTL am Sonntag-Vorabend um 19:10 Uhr ein "Explosiv Weekend - Spezial" von Anfang des Jahres. Produzieren ließ RTL von "Unterm Hammer" vorerst drei Folgen. Ob die übrigen zwei Episoden noch zu einem anderen Zeitpunkt zur Ausstrahlung gelangen, ist bislang unklar. Allzu sehr schmerzen würde es RTL aber wohl nicht, wenn sie ungesendet im Giftschrank bleiben würden: Die erste Folge fiel mit nur 12,4 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe sang- und klanglos durch.