Mit einem durchschnittlichen Marktanteil von 6,3 Prozent im Sendegebiet war das RBB Fernsehen im vergangenen Jahr das schon quotenschwächste der Dritten Programme. In diesem Jahr ging's dann auf bislang im Schnitt 5,4 Prozent nach unten - damit ist der RBB auch noch der größte Verlierer und verliert zunehmend den Anschluss an die anderen Dritten. Doch wenn Selbsterkenntnis der erste Schritt zur Besserung ist, dann ist die neue RBB-Intendantin Patricia Schlesinger auf einem guten Weg. Sie erklärt: "Wir haben mit dem Fernsehen zuletzt eine Durststrecke erlebt. Die möchten wir überwinden, und ich spüre im Haus den Wunsch und die Bereitschaft, daran mitzuwirken."
"Wir schärfen mit neuen Akzenten am Hauptabend unser Profil. Damit können wir auch die Akzeptanz beim Publikum erhöhen und die publizistische Wahrnehmbarkeit des rbb in der Region und in der ARD steigern", so die Intendantin, die erst im Sommer das Amt von Dagmar Reim übernommen hat, weiter. Programmdirektorin Claudia Nothelle spricht von einem "Grundstein für ein neues RBB Fernsehen", den man im ersten Quartal kommenden Jahres legen wolle. So soll es im Hauptabendprogramm mehr Eigenproduktionen geben. Zwei gänzlich neue Sendungen werden entwickelt, acht laufende überarbeitet.
Konkret soll montags um 20:15 Uhr im kommenden Jahr ein noch neu zu entwickelndes multimediales Verbrauchermagazin starten. Die bisherige Sendung "was!" soll darin aufgehen. Im Anschluss daran um 21 Uhr sollen dann Doku-Serien ihren festen Platz haben. Hier seien neue Formate für die zweite Jahreshälfte 2017 vorstellbar, so der RBB. Schon früher, nämlich voraussichtlich im Frühjahr oder Frühjahr soll es zudem donnerstags ein neues Format geben, das sich mit gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzt - "gern auch mit einem satirischen Blick", wie es heißt. "Mit den beiden Sendungen wollen wir neue Akzente im RBB Fernsehen setzen. Wer hier einschaltet, soll sofort wissen: Jetzt bin ich bei meinem RBB", so Claudia Nothelle.
Entfallen wird voraussichtlich das 14-tägliche politische Magazin "Klartext". Trotzdem verspricht Chefredakteur Christoph Singelnstein nicht weniger, sondern mehr Recherche. "Die vergangenen Jahre haben gezeigt, zu welch herausragenden Recherche-Leistungen unsere Kolleginnen und Kollegen fähig sind. Das wollen wir unterstützen – und unseren multimedialen Reporterpool stärken. Noch mehr Recherche, noch mehr Inhalt – für unsere Fernsehsendungen, Radioprogramme und online."
Das bislang am Sonntagvorabend beheimatete Geschichts-Magazin "Theodor" soll im Lauf des kommenden Jahres zu einem Primetime-Format weiterentwickelt werden. Arbeitstitel ist hier "Erlebnis Geschichte". Verantwortlich wären wie bislang die Redaktionen in Frankfurt (Oder) und Cottbus. Ebenfalls vom Wochenende in den Hauptabend wechseln soll "Täter - Opfer - Polizei" - auch hier aber erst nach einer vollständigen Überarbeitung. "Grundlegende Überarbeitung" ist auch die Losung für das deutsch-polnische Magazin "Kowalski & Schmidt". Samstags soll zudem im Lauf des kommenden Jahres ein neues Format rund um die Themen Miteinander leben, Glaube, Weltanschauung und Integration entstehen.
Der "Sportplatz", der bislang am späten Sonntagabend zu sehen war, soll durch eine neue Sportsendung abgelöst werden, deren Sendeplatz noch nicht feststeht. Das Kulturmagazin "Stilbruch" soll in runderneuerter Form in der zweiten Jahreshälfte 2017 auf einen Sendeplatz am Sonntagabend nach "RBB aktuell" wechseln. Die Regionalsendung "RBB um 6" soll künftig an sieben statt bislang fünf Tagen die Woche laufen.
All das kostet Geld: Fünf Millionen Euro werden bewegt, rund 1,7 Millionen Euro sollen zusätzlich ins TV-Programm fließen. Zum Einen soll das Geld aus den noch frei zu gebenden Mehrerträgen aus dem Rundfunkbeitrag kommen, die bislang auf Sperrkonten lagern. Der RBB verzichtet aber auch auf Sendungen: Das Nachmittagsformat "RBB um 4" soll entfallen, weil man sich stärker auf den Hauptabend konzentrieren will. Voraussichtlich wird es auch keine Fortsetzung von "Stadt, Rad, Hund", "Bücher/Köche und Moor" sowie von "Bauer sucht Kultur" geben.
Die Programmreform sei damit nicht abgeschlossen, bis Ende 2018 sollen weitere Überarbeitungen und neue Formate folgen. Die neue Intendantin Patricia Schlesinger scheint gewillt, all das auch bei Problemen und Widerständen durchzusetzen: "Das alles ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf, es wird Verzögerungen geben, Umwege, Pannen. Aber wir beginnen jetzt mit einem neuen RBB Fernsehen für unsere Zuschauerinnen und Zuschauer. Das freut mich sehr."