Dank des Schmähgedichts über Erdogan beherrschte Jan Böhmermann über Wochen hinweg die Schlagzeilen. So jemand dürften viele, die nach Aufmerksamkeit gerade auch beim jüngeren Publikum suchen, gerne in ihren Reihen haben - nicht nur das ZDF. Dort läuft sein Vertrag aber zum Ende dieses Jahres aus. Die Frage, wo Jan Böhmermann ab dem kommenden Jahr zu sehen sein wird, stellt sich also, gerade auch angesichts des eher zwiespältigen Verhaltens des ZDF in der Causa Erdogan.
Das ZDF sicherte Böhmermann zwar jede juristische Unterstützung zu, entschied sich aber am Tag nach der Ausstrahlung, die fragliche Passage aus der Sendung zu löschen - und heizte die Diskussion damit erst so richtig an. Der Fernsehrat beschäftigte sich am Freitag nun nochmal mit diesem Vorgehen und billigte es. In einem Schreiben an die Mitglieder des Gremiums hatte Bellut nochmal ausführlich begründet, welche Abwägungen man vorgenommen habe: "Wie ist der Maßstab
des Strafrechts, wie sind unsere Programmgrundsätze? Und da es eben mit den Programmgrundsätzen so nicht vereinbar war, hat der Intendant, zusammen mit dem Programmdirektor, die Sendung aus dem Netz genommen und damit auch die vielen Beschwerden, die es dazu gegeben hat, erledigt", fasst der scheidende Fernsehratsvorsitzende Ruprecht Polenz zusammen.
Doch zurück zur Zukunft Böhmermanns: Seitens des ZDF heißt es, dass derzeit zwischen Böhmermann, seinem Management und der ZDF-Programmdirektion Gespräche über eine Vertragsverlängerung über das Ende dieses Jahres hinaus geführt werden. Fürs ZDF bzw. ZDFneo ist Böhmermann als Sendergesicht für ein jüngeres Publikum enorm wichtig - was seine Verhandlungsposition stärkt. Doch was könnte man ihm in Mainz anbieten? Einen großen Auftritt im Hauptprogramm wohl eher nicht, wie Bellut deutlich macht.
"Das Hauptfundament von Jan Böhmermann sehe ich nach wie vor bei ZDFneo, weil er dort seine Marke nicht aufweichen muss. Er kann so bleiben, wie er ist, und es ist eben eine spitze Zielgruppe, die er damit sehr, sehr gut erreicht, vor allem ein sehr junges Publikum. Wir führen Gespräche mit ihm, ob man da noch etwas mehr machen kann und in welcher Form man ihn auch im Hauptprogramm noch präsentieren könnte." Zuletzt fand diese "Präsentation im Hauptprogramm" bekanntlich häufig sehr spät nachts statt. Man darf gespannt sein, ob Böhmermann sich nochmal darauf einlässt.