Im März musste der nordrhein-westfälische Regionalsender NRW.tv Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen, nun steht fest: Der Sender ist nicht mehr zu retten. Ende vergangener Woche musste der Sendebetrieb eingestellt werden, die zuletzt noch verbliebenen 15 Mitarbeiter wurden freigestellt. Auch Privatfernsehpionier Helmut Thoma hatte das Ruder bei dem stets finanziell klammen Sender nicht herumreißen können.

Er war Anfang 2014 bei dem Sender, an dem auch die Funke-Mediengruppe Anteile hält, als Gesellschafter eingestiegen und fungierte ab dieser Zeit auch Geschäftsführer. Thoma brachte einige neue, teils auch kühne Ideen mit, wollte etwa mit Smartphones vom Fußball berichten oder "Rucksackreporter" einführen. "Es muss etwas gegen den Strich werden. Erfrischend anders, notfalls erschreckend anders", sagte er bei seinem Einstieg. Während die Fußball-Pläne nie verwirklicht wurden, wurden andere Neuerungen im Programm von NRW.tv umgesetzt. Am Nachmittag wandelte man mit "NIX TV" auf den Spuren von Giga, zeigte Film-Klassiker am Wochenende, brachte die "Softerotik"-Streifen zurück auf den Bildschirm.

Und all das habe auch Wirkung gezeigt, betont Helmut Thoma gegenüber DWDL.de. AGF-Quoten wie die großen Sender weist NRW.tv nicht aus, eine Reichweitenuntersuchung der Landesmedienanstalt habe aber im letzten Quartal 2013 ergeben, dass NRW.tv in der Kategorie "Seher gestern" eine Reichweite von 385.000 aufweisen konnte. Die Lokalsender aus Düsseldorf und Köln - letzterer ebenfalls inzwischen eingestellt - erreichten im Vergleich dazu je rund 40.000 "Seher gestern". NRW.tv war damit der mit Abstand größte der Regional- und Lokalsender in Deutschland (freilich auch im bevölkerungsreichsten Bundesland). Auch Reichweitenuntersuchungen von Innofact haben ergeben, dass die Spielfilme und die am späten Abend ins Programm genommenen E-Sport-Sendungen gut angenommen wurden und durchaus beachtliche Reichweiten erzielten.

Gescheitert ist NRW.tv demnach nicht am mangelnden Zuspruch des Publikums - er habe sich nur nicht monetarisieren lassen. Und dafür sieht Helmut Thoma einen ganz klaren Schuldigen: "Der Sender ist nicht an der Reichweite gescheitert, sondern daran, dass die Mediaagenturen, die 93 Prozent aller deutschen Fernsehausgaben kontrollieren, Regionalsender boykottieren, da sie angeblich einen zu hohen Arbeitsaufwand für sie bedeuten." Sowohl Landesmedienanstalten als Kartellbehörden und Politik wüssten darüber Bescheid, würden aber nichts gegen diese Situation unternehmen. "Selbst im kleinen Österreich und der Schweiz können Regionalsender wirtschaftlich existieren", so Thoma. Hierzulande hingegen mussten viele regionale und lokale Sender in der Tat zuletzt aufgeben und würden unter dieser Situation leiden.

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