So ausgelassen hat man Anke Schäferkordt und Guillaume de Posch, die Co-CEOs der RTL Group, selten gesehen. Vermutlich liegt es am gerade verkündeten Rekordgewinn und dem Überspringen der 6-Milliarden-Euro-Umsatzschwelle. Beim Fototermin vor der Pressekonferenz scherzen die beiden unaufhörlich, brechen immer wieder in Gelächter aus. Dann nimmt de Posch seine Vorstandskollegin sekundenlang in den Arm und schlägt verschmitzt vor: "Anke, lass uns ein neues Gerücht streuen!"

Später greift de Posch – im Vorstand der RTL Group auch für die Produktionstochter FremantleMedia verantwortlich – das gegenseitige Necken anlässlich einer DWDL.de-Nachfrage zur zweiten Staffel von "Deutschland 83" wieder auf. "In dem Fall bin ich Lieferant, Anke ist Kundin", sagt er. "Es liegt in der Natur der Sache, dass der Lieferant Lust auf Fortsetzung hat. Aber der Kunde muss natürlich auch Appetit haben."

 

Soll heißen: Auch am Tag nach der Bekanntgabe des Grimme-Preises für "Deutschland 83" ist das weitere Schicksal der von UFA für RTL produzierten Ausnahmeserie weiter offen. Auffällig ist immerhin, dass der Konzern in einem Schaubild seiner Produktionsaktivitäten "Deutschland 83" an den rechten Rand gesetzt hat – da, wo die Kategorien "Premium-Nische" und "überwiegend Pay-TV-finanziert" stehen, weit weg von den Kategorien "Mainstream" und "werbefinanziert". Heißt das, dass eine mögliche zweite Staffel in Deutschland nicht mehr bei RTL laufen wird?

Nein, heißt es nicht. Noch nicht jedenfalls. "Die Frage einer Fortsetzung ist noch nicht entschieden", sagt Schäferkordt, als Chefin der deutschen Sendergruppe die konzerninterne Kundin. "Tatsache ist, dass 'Deutschland 83' in allen internationalen Märkten erfolgreicher als in Deutschland war. Wir müssen also sicher noch gemeinsam mit der UFA daran arbeiten, die Serie für unsere Zielgruppe attraktiver zu machen." Auch wenn sich der finanzielle Gewinn aus Sendersicht wegen der geringen Reichweiten in Grenzen halte, sei "Deutschland 83" angesichts der internationalen Verkäufe für die RTL Group insgesamt ein wirtschaftlicher Erfolg. Auch für die geplante "Hitler"-Serie gelte: noch alles offen, RTL und UFA seien nach wie vor im Gespräch.

Neben den Serienprojekten made in Germany tragen auch immer mehr andere Länder dazu bei, die angestrebte Fiction-Präsenz von FremantleMedia zu verstärken. Im bereits erwähnten Schaubild stehen "American Gods" und "The Young Pope" als weitere Premium-Beispiele neben "Deutschland 83". Stefanie Berk, Fiction-Chefin von FremantleMedia North America, hatte "American Gods" von ihrem früheren Arbeitgeber Playtone, der Produktionsfirma von Tom Hanks, mitgebracht. Die Serie für das US-Pay-TV-Network Starz erzählt vom epischen Kampf zwischen alten mythischen Figuren und neuen Göttern wie Geld, Drogen oder Technologie. Showrunner sind Bryan Fuller ("Hannibal") und Michael J. Green ("Fantastic Four").

"Ich bin zuversichtlich, dass wir die nötige Wende geschafft haben und im Produktionsgeschäft bald wieder bessere Margen erzielen werden"

Guillaume de Posch, Co-CEO RTL Group


"The Young Pope" wiederum ist die viel beachtete Mega-Serie für Sky, Canal+ und HBO, in der Jude Law Papst Pius XIII. spielt und Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino Regie führt. Als das ehrgeizige Projekt Anfang 2015 langsam Gestalt annahm, hatte Fremantle noch gar nichts damit zu tun. Doch im Sommer übernahm die RTL-Group-Tochter dann 62,5 Prozent der Anteile an der italienischen Produktionsfirma Wildside – mit der Option, auf 100 Prozent aufzustocken. Über "The Young Pope" hinaus sorgt Wildside für weltweit vermarktbaren Seriennachschub: Im Februar hat Firmenchef Lorenzo Mieli einen Entwicklungs- und Koproduktionsdeal mit Fandango Productions über die Verfilmung der italienischen Bestseller-Romanreihe "Neapolitan Novels" geschlossen. Die Geschichte zweier Freundinnen im Neapel der 1950er Jahre soll in vier Staffeln à acht Folgen erzählt werden.

Auch die 2015 erfolgten Übernahmen der Produktionsfirmen Fontaram und Kwaï in Frankreich, Corona Television in Großbritannien sowie Anfang 2016 von Abot Hameiri in Israel sorgen für eine vollere Fiction-Pipeline bei Fremantle. "Ich bin mehr und mehr zuversichtlich, dass wir die nötige Wende geschafft haben und im Produktionsgeschäft bald wieder bessere Margen erzielen werden", sagt Guillaume de Posch. 2015 hatte Fremantle zwar seinen Umsatz ganz leicht auf 1,52 Milliarden Euro steigern können, dafür sank jedoch aufgrund der verstärkten Investitionen das Betriebsergebnis (EBITA) um 10 auf 103 Millionen Euro. Für weitere Übernahmen – nicht nur bei Fremantle, sondern in der gesamten RTL Group – stehen laut Finanzvorstand Elmar Heggen auch künftig um die 250 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.