Wenn es um die Simulation von Journalismus geht, ist die Bauer Media Group sehr erfolgreich. Erst vor wenigen Wochen sah man sich nach aktuellen IVW-Zahlen als auflagenstärkster Zeitschriftenverlag in Deutschland bestätigt. Das in Hamburg beheimatete, international agierende Medienhaus macht immerhin keinen Hehl daraus, worauf es ankommt: „We think popular“ lautet der selbstgegebene Claim. Qualität spielt keine Rolle, könnte man auch sagen, wenn man bedenkt, dass man im deutschen Markt u.a. auf unsägliche Yellow-Press, billige Klatschblätter und günstige Frauenzeitschriften setzt. Vereinzelt finden sich auch Medien darunter, die vermeintlich eine Liga höher spielen, wie die „TV Movie“.
Über den Facebook-Auftritt der „TV Movie“ setzt man schon länger auf billigstes Clickbaiting, sozusagen das Erschleichen von Reichweite mit als unlauter angesehenen Mitteln. Schlagzeilen wie „Von der Polizei verfolgt“, „Cast in Sorge um einen Darsteller“ oder „Diese deutsche Produktion wird abgesetzt“ werden mit vier verschiedenen Fotos bebildert und bei Facebook gepostet. Um welche der vier Personen oder Serien es geht, erfährt man erst nach einem Klick auf die Website von „TV Movie“. Das ist schlechter Stil, aber soll wohl helfen mit der Reichweite des Webauftritts irgendwann einmal die Rücklichter von Wettbewerber „TV Spielfilm“ wenigstens erkennen zu können. Zu diesem Clickbaiting gesellt sich beim Facebook-Auftritt auch allerlei belangloser Klatsch und Tratsch („Channing Tatum: Geheimnis um seinen Penis gelüftet“).
Wenn Prominente sterben, dann bebildert und betextet „TV Movie“ seine Postings bei Facebook mit Floskeln wie „Ruhe in Frieden. Wahrscheinlich hat Dich Dein Tod erlöst“ oder „Rest in Peace. Du strahlst im Himmel ewig weiter“. Wer stirbt, wird gnadenlos geduzt von den Redakteurinnen und Redakteuren der „TV Movie“. Aber wer denn nun eigentlich gestorben ist? Das verrät natürlich erst der Klick auf die Website. Richtig perfide war es im Juni auch bei einem Schwarz-Weiß-Foto der berühmtesten Szene aus „Titanic“ mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet am Bug des Schiffes. Darunter als große Textzeile im Bild: „Rest in Peace: Our hearts will go on.“ Und neben dem Foto textet „TV Movie“ weiter: „TOD nach FLUGZEUGABSTURZ! Der große SCHOCK der Nacht wird Hollywood neu ordnen, doch Filme wie TITANIC bleiben für immer. Ruhe in Frieden.“
Wer ist gestorben? Der US-Filmkomponist James Horner, der den Soundtrack zu „Titanic“ schrieb. Naheliegend, wenn man die Todesmeldung bei Facebook mit DiCaprio und Winslet bebildert. Willkommen bei der Journalismus-Simulation der Bauer Media Group. Doch man würde dem Ruf des Hauses unrecht tun, wenn es nicht immer noch mieser gehen würde. So geschehen am Dienstagabend. Da setzte man bei "TV Movie" auf Clickbaiting mit Krebserkrankung:
Bevor Sie „TV Movie“ jetzt den Gefallen tun und auf deren Website gehen, sei an dieser Stelle kurz und knapp gesagt: Es ist Moderator und Schriftsteller Roger Willemsen, der mit der tückischen Krankheit kämpft. Während dieser DWDL-Artikel geschrieben wurde, hat "TV Movie" das zu diesem Zeitpunkt bereits hundertfach empört kritisierte Posting bei Facebook übrigens gelöscht und inzwischen auch einen Kommentar dazu veröffentlicht: