Konsequente Konzentration: Mögen die etablierten Nachrichten-Formate des WDR Fernsehen, etwa „Aktuelle Stunde“, „Lokalzeit“, „WDR aktuell“ oder „Westpol“, der älteren Stamm-Zielgruppe ein Begriff sein, so kann man beim WDR und den anderen Landesrundfunkanstalten der ARD in der Regel froh sein, wenn in der jungen Zielgruppe die Sendermarken noch ein Begriff sind. Wenn der WDR also eine neue Nachrichtenoffesive im Internet unter dem Label „WDR #3sechzich“ startet, wirft man alles in den Ring, was man hat. „Hallo zusammen. Hier ist der WDR“ - heißt es im Intro des neuen Nachrichtenformats für YouTube, losgelöst von allen Programmmarken im linearen Angebot.



In zwei bis vier Minuten setzen sich drei junge Presenter in dem YouTube-Format  jeweils mit einem Thema auseinander und das "unabhängig, meinungsfreudig, relevant“, so die Eigenwerbung. Ziel sei es, das KnowHow der Redaktionen des WDR für jüngere Zielgruppen aufzubereiten. Es moderieren nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de Newcomer Tim Schrankel, bis vor kurzem Redaktionsstudent beim WDR war, Melek „M3lly“ Balgün, die im Netz als Moderatorin für die Electronic Sports League bekannt ist, und 1Live-Moderatorin Freddie Schürheck. Initiatoren des Projekts sind Jonas Wixforth und Katrin Schlusen, die mit WDR #3sechzich Nachrichten bewusst völlig anders präsentieren wollen als man es von den Öffentlich-Rechtlichen kennt.

Über Personalisierung zu einer Nachrichtenvermittlung mit Haltung, die in den sozialen Netzwerken zu Austausch und Diskussion führt - das zumindest ist der Wunsch. Ein Video soll täglich entstehen. Die Presenter arbeiten dafür mit einem Team aus jungen Autoren zusammen, das auch das zweite #3sechzich-Format betreut sowie unter @WDR_3sechzich twittert. Mit „InstaNews“ will der WDR auch aktuelle Informationen auf Instagram verbreiten, bis zu drei Mal täglich. In 15 Sekunden werden anhand von Bildern und eingeblendetem Text Nachrichten so erzählt, dass sie auch ohne Ton verständlich sind - und so beim Scrollen durch den Instagram-Feed schnell guckbar sind.

WDR 3sechzich© WDR

Nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de hat WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn die neue Internet-Offensive zunächst auf ein Jahr angelegt. Genug Zeit, um Erfahrungen zu sammeln. Das Projekt gehört zu der 360-Grad-Verbreitung, die Schönenborn kürzlich öffentlich als Ziel der Programmbemühungen des WDR ausgegeben hat, und liegt im Verantwortungsbereich von Stefan Brandenburg, Leiter der Programmgruppe Aktuelles beim WDR Fernsehen. Nach dem Einblick in erste Videos, die DWDL.de vorliegen, wird klar: Hier dürfte in den kommenden Monaten noch viel experimentiert werden.

Diese Kultur wünscht sich Jörg Schönenborn erklärtermaßen und hält dem Projekt nicht nur den Rücken frei. In einem ersten Trailer für „WDR #3sechzich“, an dessen Ende es auch erste Eindrücke des YouTube-Formats gibt, nimmt sich der Fernsehdirektor erfrischerweise selbst nicht zu ernst. Man sieht Schönenborn am Schreibtisch seines Büros sitzen, wie er ein Video von „Mr. Tutorial“ Sami Slimani schaut: „Das ist ja gut! Wie heißt das? YouTube?“ Ob die junge Zielgruppe nun auf ein junges Nachrichten-Angebot vom WDR gewartet hat - oder es überhaupt finden wird, bleibt abzuwarten. Die Haltung hinter diesem Experiment ist aber jetzt schon ein Gewinn für den Westdeutschen Rundfunk.