Am Ende fehlte dann doch der Mut. Aber alles der Reihe nach. Diese Geschichts beginnt mit der Entscheidung von Einsfestival, der Komikerin Carolin Kebekus eine eigene Sendung zu geben. Ende April wurde das bekannt und der Name der Show - "Kebekus" - machte auch gleich klar, wer hier im Mittelpunkt der von der Bildundtonfabrik ("Roche & Böhmermann") produzierten Sendung stehen wird. Das wussten offenbar alle - bis auf den auftraggebenden WDR. Kurz vor der Premiere der Sendung am Mittwochabend hat man offenbar Angst vor der eigenen Moderatorin und ihrer bekannterweise direkten, deutlichen Art - und streicht einen geplanten Kirchen-Rap vor der Ausstrahlung von "Kebekus!" bei Einsfestival.
So zumindest sehen es Mitarbeiter der Sendung, die jetzt kurzfristig umgeschnitten werden muss, weil der fertige Beitrag komplett aus der Sendung gestrichen wurde. Das bestätigt grundsätzlich auch 1Live-Programmchef Jochen Rausch, der beim WDR für die AG Junges Fernsehen zuständig ist, auf DWDL.de-Anfrage am Dienstag. Doch von Zensur will der Sender nichts wissen. Man wolle keine religiösen Gefühle verletzen, so die Darstellung. Gegenüber DWDL.de teilt der WDR am Dienstagmittag mit:
"Der Videoclip, den die Comedykünstlerin Carolin Kebekus auf ihrem privaten YouTube-Channel zeigt, war von ihrer Produktionsfirma auch für die Sendung 'Kebekus' auf Einsfestival vorgeschlagen worden. Die Redaktion hat sich bei der Endabnahme der Sendung gegen eine Ausstrahlung des Clips entschieden. Der Grund: Insbesondere durch die Szenen mit dem Kruzifix könnten religiöse Überzeugungen von Zuschauern verletzt werden. Dies war und ist nicht die Intention der Redaktionsgruppe 'Junges Fernsehen' – und ließe sich auch nicht mit dem WDR-Gesetz vereinbaren, das in § 5 ausdrücklich festlegt, die religiösen Überzeugungen der Bevölkerung zu achten."
Doch genau auf dieses WDR-Gesetz berufen sich auch die Macher der Sendung - nur mit völlig anderem Blickwinkel. Sie glauben an voreilige Selbstzensur aus Angst vor den Reaktionen der katholischen Kirche, die sich erst Ende Februar öffentlich über einen Beitrag von Carolin Kebekus für die "heute show" beschwerte. Damals hatte sich Kebekus für die ZDF-Sendung vor laufender Kamera beim Kölner Kardinal Joachim Meisner als Päpstin beworben und hatte zu einer Pressekonferenz der deutschen Bischöfe in Trier gleich ihre Bewerbungsunterlagen mitgebracht. Ein Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz habe darauf hingewirkt, die Szene nicht auszustrahlen, berichtete damals der "Spiegel". Doch das gelang nicht. Der Beitrag wurde gezeigt.
Das war vor gerade einmal dreieinhalb Monaten. Jetzt also die Streichung des neuen Kebekus-Kirchenraps. Oder kann man von Zensur sprechen? "Der entsprechende Clip war fester Teil der morgigen Sendung. Die Folge war bereits fertig produziert und abgenommen. Sie muss nach der Intervention umgeschnitten werden. Sollte behauptet werden, man habe den Musik-Clip nur produziert und sich immer offen gehalten, ihn auch wirklich zu senden, so wäre das eine Lüge", heißt es in einer eMail, die die DWDL.de-Redaktion am Dienstag erreichte. Die Sendung war nach DWDL.de-Informationen tatsächlich bereits abgenommen. Der WDR wiederum widerspricht dieser Darstellung: Es sei eine Entscheidung der Redaktion gewesen. Das sei jedoch eine Unterstellung, die beim Team der Sendung für noch mehr Unmut sorgt.
"Für uns gehört eine solche Abwägung zur alltäglichen Arbeit", sagt 1Live-Programmchef Jochen Rausch unbeirrt. "Ein junges öffentlich-rechtliches Programm muss sicher auch an Grenzen gehen, aber es überschreitet sie nicht." Ob der Kirchenrap von Carolin Kebekus aber wirklich Grenzen überschreitet, darf man anzweifeln. Da hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk an anderer Stelle wahrlich schon schärfere Comedy- und Kabarett-Beiträge über die katholische Kirche zugelassen. Immerhin ist der Kirchenrap bereits via YouTube im Netz zu sehen - so dass am Ende aller Aufregung ein wenig PR für die Premiere einer zensierten neuen Show übrig bleibt. Allerdings auf Kosten eines mutlosen WDR, der mit dieser Sendung bei Einsfestival gerne jung und provokant sein wollte - solange man niemandem auf den Talar tritt.