Es empört nicht mehr wirklich, dass Fernsehsender ihren Zuschauern, gerade wenn es billig sein muss, schon mal etwas vorgaukeln, um es freundlich zu formulieren. In den kommenden Wochen testet Sat.1 am Mittag zwei neue Formate von Constantin Entertainment: "Annica Hansen" und "Ernst-Marcus Thomas", zwei mögliche neue Talkshow-Formate, die nach erfolgreichem Test im Herbst dauerhaft auf Sendung gehen könnten. Doch obwohl die beiden nach ihren Gastgebern benannten Sendungen von Sat.1 als Talkshow angekündigt werden, wird der Zuschauer ein geskriptetes Format zu sehen bekommen.

Das heißt: Darsteller spielen Rollen. Bei Sat.1 räumt man das auf DWDL.de-Nachfrage auch ein. Einen entsprechenden Hinweis werde es im Abspann der Sendungen geben. Ein konkretes Drehbuch für die Show gebe es aber nicht. Wie also Frau Hansen oder Herr Thomas mit den erfundenen Geschichten umgehen, sei dann eben ganz echt. So jedenfalls versucht man argumentativ die Kurve zu bekommen. Gegen den inszenierten Krawall-Talk erscheint der Dailytalk aus den 90er Jahren fast wie konservatives Fernsehen. Damals vertraute man noch auf Menschen, die etwas zu erzählen haben und Redakteure, die solche Gäste finden können. 

Das lässt sich natürlich alles beschleunigen, wenn man sich die absurdesten Gästekonstellationen einfach selber ausdenkt. Einmal mehr jedoch darf man fragen, ob die Fernsehsender damit auf lange Sicht nicht Glaubwürdigkeit verspielen und eine Sendung wie "Britt" im Anschluss mit echten Gästen unter dem Umfeld der Überinszenierung leidet. Besonders ärgerlich ist, dass man bei Sat.1 damit den leichtesten Weg geht: Statt wie am Vorabend mit einer Gameshow auf ein neues Genre zu setzen, setzt man die Auseinandersetzungen aus Courtshows oder "Zwei bei Kallwass" jetzt im Talkshow-Setting fort.

Zweifel an der Produktionsweise der Sendung räumt ein Schnappschuss aus dem Backstage-Bereich der Sendung übrigens aus…

Ernst-Marcus Thomas© DWDL.de