Die Rügen des Presserats umfassen diesmal auch den bemerkenswerten Fall der WAZ-Zeitschrift "Die Aktuelle", die erst Persönlichkeitsrechte verletzte und sich daraus dann noch ein Wunder bastelte. Was war geschehen: Ende August vergangenen Jahres hatte das Blatt getitelt "Gaby Köster: Sie sitzt im Rollstuhl" und "exklusiv" den "traurigen Foto-Beweis" versprochen. Zu sehen war auf diesem "Beweis" aber nicht etwa Köster im Rollstuhl, sondern lediglich ihr Wohnhaus inklusive einer Rollstuhl-Rampe.
Ein tatsächliches Beweisfoto hätte "Die Aktuelle" auch gar nicht zeigen können, denn die Behauptung, sie sitze im Rollstuhl, stimmte gar nicht - wie auch "Die Aktuelle" wenig später einräumen musste. Statt einer Korrektur titelte sie aber wenige Wochen später: "Das Wunder! Sie kann wieder gehen!" "Im Ausschuss ist der Eindruck entstanden, die Nachricht sei bewusst platziert worden, um kurz darauf die vermeintliche Genesung als Wunder darzustellen", heißt es in einer Stellungnahme des Presserats.
Die absurde Wunder-Geschichte lässt die Berichterstattung besonders geschmacklos erscheinen, den eigentlichen Verstoß gegen den Pressekodex hat "Die Aktuelle" aber bereits mit dem ersten Artikel begangen. In der Richtlinie heißt es unter anderem "Körperliche und psychische Erkrankungen oder Schäden fallen grundsätzlich in die Geheimsphäre des Betroffenen."
Einen Rüge fing sich auch das WAZ-Portal DerWesten.de ein. Dort wurde über die Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens berichtet. Daneben war ein Stadtplan mit dem Titel "Ort des Geschehens" zu sehen, auf dem eine Sprechblase mit der Aufschrift "Position o.k.? ja/nein" platziert war. Die Leser konnten sich damit an der genauen Bestimmung des Tatortes beteiligen. Der Ausschuss sah darin eine eklatante Verletzung von Persönlichkeitsrechten.
Gerügt wurden auch "Bild" und "BamS" für ihre Berichterstattung über einen Familienausflug, bei dem ein 13-jähriges Mädchen zu Tode kam. Der Beschwerdeausschuss monierte den Abdruck des Fotos des Opfers und die Veröffentlichung zahlreicher Details aus dem Privatleben des Mädchens. Auch die Familie sei durch die Berichterstattung öffentlich gemacht worden. Aus Sicht des Ausschusses ist die identifizierende Berichterstattung nicht durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gedeckt, so dass er beiden Zeitungen jeweils eine nicht-öffentliche Rüge erteilte.
Eine weitere Rüge erhielt die Goslarsche Zeitung, die auf ihrer Webseite ein Video verlinkte, in dem ein Jugendlicher einen anderen brutal zusammenschlug. Die Veröffentlichung des Videos sei unangemessen sensationell und animiere Nachahmungstäter. Dazu komme, dass solche Aufnahmen von jugendlichen Gewalttätern als Trophäen verwendet würden, was die Zeitung durch die Art ihrer Berichterstattung noch verstärke. Darüberhinaus erhielt die "Rheinische Post" eine Rüge wegen Schleichwerbung in einem Text über das vermeintliche soziale Engagement eines Ketchup-Herstellers, der mit Produktfotos bebildert wurde, dem Vogtland-Anzeiger wurde bei einem Kommentar fehlende Recherche vorgeworfen.