BrigitteBei der "Brigitte" spart man nicht mit großen Worten: Ein "neues Zeitalter" werde anbrechen, man wolle den "Markt der Frauenzeitschriften revolutionieren" und eine "neue Zeitrechnung" beginnen, um nur einige zu nennen. Weit über 50 Journalisten lockte Gruner + Jahr damit nach Hamburg - und was "Brigitte"-Chefredakteur Andreas Lebert am Montagmittag in Hamburg verkündete, kommt im Markt der Frauen-Titel auch tatsächlich einer kleinen Revolution gleich.

Ab dem kommenden Jahr kommen sowohl bei "Brigitte" als auch allen Print- und Online-Ablegern keine Models mehr zum Einsatz. Stattdessen werden sämtliche Fotostrecken von Mode über Beauty bis hin zu Living und Fitness nur noch mit "Frauen, die mitten im Leben stehen" bestritten. Das können Studentinnen ebenso sein wie Köchinnen, Unternehmerinnen ebenso wie Tänzerinnen, oder auch bekannte Schauspielerinnen.

Durch den Verzicht auf professionelle Models will Lebert für mehr Authentizität sorgen. "Hinter dem Beruf des Models steckt die Idee, die Frauen nicht selbst zu zeigen, sondern einen Platzhalter - ein Modell gewissermaßen. Das empfinden viele Frauen inzwischen als überholt, zumal die Schönheitsideale, wie sie auch von der Modelbranche geprägt werden, stark umstritten sind", so Lebert im Hinblick auf die Diskussion um "Mager-Models".

Zudem habe sich auch die Mode verändert. Leberts Kollegin Brigitte Huber fügte hinzu: "Designer sind nicht mehr die alleinigen Initiatoren von Trends. Street-Style hat sich etabliert. Statt fünf Trends pro Saison gibt es heute eher fünf Trends pro Minute." Diesen Street-Style sollen normale Frauen "von der Straße" besser rüberbringen. Zudem erwüchsen daraus auch neue Möglichkeiten für's Story-Telling. Um die in Fotostrecken zu sehenden Frauen könne man künftig auch ganze Geschichten erzählen.

Ob das bei den Werbekunden, zu denen zu einem großen Teil Modelabels gehören, gut ankommt, bleibt abzuwarten. Angst vor Einbrüchen im Anzeigengeschäft habe man aber nicht, so Lebert. Zudem sei man sich sicher, dass man bei dieser Entscheidung "vor allem die Leserinnen hinter sich" habe. Und anscheinend nicht nur die: Bei der Verkündung der Entscheidung gab es von den anwesenden Journalisten jedenfalls gleich zwei Mal Applaus - sehr ungewöhnlich für eine Pressekonferenz. 

Als Sparkurs will man bei "Brigitte" den Verzicht auf professionelle Models nicht verstanden wissen, betonte Lebert in Hamburg, eher schon als Investition. Die Honorare würden ohnehin nicht wesentlich niedriger ausfallen als für die Models, die bislang gebucht werden - und dazu kommt der zusätzliche Aufwand, der für das Casting der neuen Protagonistinnen für die Fotostrecken anfalle. Dieses Casting will "Brigitte" übrigens komplett inhouse abwickeln, das Einschalten einer externen Agentur ist vorerst nicht geplant. Bewerben kann man sich schon heute unter brigitte.de/ohne-models. Eine Herausforderung wird die Umstellung also vor allem für das "Brigitte"-Team selbst, das sich nun teils ganz neuen Aufgaben gegenüber sieht. Das allerdings sieht man auch als Chance, neue kreative Energien freizusetzen. Wie sich das letztlich aufs Heft auswirkt, lässt sich dann ab 2010 feststellen. Das erste Exemplar ohne Models wird die Nummer 02/10 sein.