Kurze Frage: Sie machen gerade den Abwasch, und es klingelt. Draußen steht die Polizei und hat ein paar Fragen zu einem Fall, in dem sie wahlweise Verdächtiger oder Zeuge sind. Wie reagieren sie? Ich lasse mehrere Antwortmöglichkeiten zu. Erstens: Sie sagen gar nichts, geben nur ihre Personalien an und verweisen auf ihren Anwalt. Zweitens: Sie bitten die Damen und Herren Ermittler höflich herein, bieten ihnen einen Kaffee an und beantworten ruhig und konzentriert die ihnen gestellten Fragen. Das waren die Möglichkeiten, die sich bieten, wenn man mal von einer durchschnittlich bürgerlichen Existenz ausgeht. Sie fallen allerdings beide weg, wenn sie Inventar eines deutschen Krimis sind. Dann bleibt nur Drittens: Sie tun weiter, was sie vorher taten und beantworten die Fragen der Kommissare lediglich halbherzig, vor allem aber genervt nebenbei. Keinesfalls lassen sie ab von ihrem vorher begonnenen Tun. Sie haben vorher abgewaschen, also waschen sie weiter ab. Beinahe zwanghaft. Das ist quasi Pflicht in deutschen Krimis.
Ich beklage das nicht nur deshalb so ausführlich, weil mir diese Praxis schon länger die Nackenhaare wellt, sondern weil ich nun auch noch einen kenne, den dieses demonstrative Beschäftigtsein während einer Vernehmung gleichfalls nervt. Es ist Kommissar Thiel, der von Axel Prahl gespielte Münster-Kommissar, der in der aktuellen Folge eine sehr besondere und vor allem sehr, sehr lustige Methode entwickelt, der beschriebenen Unart zu begegnen. Als ich das sah, stand ich auf meiner Couch und setzte spontan zur Einmann-La-Ola an.
Ja, die in Münster sind wieder lustig. Richtig lustig und das mehrfach. Das macht schon deshalb doppelten Spaß, weil der Sonntagskrimi in den vergangenen Wochen so sehr von Minderleistern beherrscht wurde, dass es schon wehtat.
Weh tut in diesem Krimi nur ein Männchen in Superheldenkostüm, das mittels eines Hammers all jene ins Jenseits befördert, die sich für ein Bauprojekt stark gemacht haben. Das soll vordergründig eine Wellnessoase werden, doch die Anwohner befürchten nicht ohne Grund, dass eher an ein Riesenbordell gedacht ist. „Kein Puff im Münsterland“, skandieren sie bei einer Demo, bei der natürlich auch Thiels kiffender Vater mitmischt.
Ja, es wird wieder fett geliefert in diesem Münster-„Tatort“. Ja, es wird kein Münster-Klischee ausgelassen. Und ja, es tut gut, mal wieder richtig feinen Blödsinn präsentiert zu bekommen. Dass die darunter liegende Krimihandlung trotzdem noch halbwegs spannend bleibt, ist dem Drehbuchautor und Regisseur Lars Kraume doppelt anzurechnen.
Trefflich streiten sich Thiel und Boerne in bewährter Manier, und die Tatsache, dass der als Zuhälter schön besetzte Schlagersänger Frank Zander kurz nach seinem Auftauchen bereits wieder ableben muss, trägt zusätzlich zur Freude bei. Lange schon sind brutale Morde nicht mehr so leicht in Szene gesetzt worden. Da ist dann auch zu verkraften, dass Mechthild Großmann als dauerquarzende Staatsanwältin mehr Requisit als Notwendigkeit ist. Es ist halt leicht, bei diesem Film fünf gerade sein zu lassen und nicht ganz so stringente Argumentationen in der Handlung als von Gott gegeben hinzunehmen.
Es lohnt sich allein schon für die oben bereits beschriebene Szene, in der Thiel den Zeugen so sehr lustig davon abhält, weiter zu tun, was er vorher schon tat. Vielleicht ist das künftigen Krimiautoren mal eine Mahnung und sie geben diesen Manierismus auf. Nicht auszudenken, was sonst noch alles kommen könnte, wenn immer alle Zeugen während eines Heimverhörs zwanghaft weiter tun, was sie taten, bevor die Kommissare klingelten. Nicht auszudenken, was die Folge wäre, wenn da mal jemand beim Masturbieren gestört würde…