Gleich zwei Erdbeben sorgen unter den deutschen Fernsehschaffenden in Cannes für Aufregung und Gesprächsstoff:  Neben tatsächlichen Erschütterungen durch ein Erdbeben der Stärke 5,2 auf der Richter-Skala, das am Montagabend gegen 21.30 Uhr an der Côte d'Azur und darüber hinaus in weiten Teilen des Südosten Frankreichs zu spüren war, überrascht die erst jüngst von Jan Mojto und Stefan Oelze gegründete Produktionsfirma Seapoint Productions (DWDL.de berichtete) mit einer bemerkenswerten Personalie, die gleichzeitig viel über den Anspruch des neuen Unternehmens verrät.



Nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de wechselt Jan Kromschröder, seit Sommer 2008 Geschäftsführer ITV Studios Germany, innerhalb Kölns zur neuen Seapoint Productions, die ihre Geschäftsräume am Hohenzollernring in der Kölner Innenstadt bezieht. Mit dieser prominenten Verpflichtung erweist sich Stefan Oelzes Comeback im deutschen Produzentenmarkt als Paukenschlag. Denn die ursprünglich auf die Produktion von non-fiktionaler Unterhaltung ausgelegte Firma bekommt mit Kromschröder einen ausgewiesenen Experten für fiktionale Produktionen.

Schon am vergangenen Freitag wurden die Mitarbeiter von ITV Studios Germany über den Abschied ihres Geschäftsführers informiert, der als Nachfolger Oelzes an der Spitze von ITV Studios Germany (damals noch Granada) die Produktionsfirma in den sechs Jahren seiner Führung für fiktionale Programme wie „Der letzte Bulle“ und „Herzensbrecher“ öffnete. Auch bei Seapoint Productions soll sich Kromschröder künftig um fiktionale Projekte kümmern, während Oelze die non-fiktionalen Produktionen verantwortet.

Die breitere Aufstellung ist automatisch auch eine Kampfansage an die Branche, die Seapoint Productions ohnehin schon mit großem Interesse beobachtet, weil Oelze derzeit seine Mannschaft zusammenstellt und kreative Köpfe abwirbt. So ist Kromschröder nach DWDL.de-Informationen auch nicht die einzige Führungskraft von ITV Studios Germany, die in Richtung Seapoint Productions wechselt. Auch Nina Klink, Director of Executive Producers bei ITV, geht zu Stefan Oelzes neuer Unternehmung. Damit wird der von Oelze ganz offensichtlich mit Nachdruck forcierte Aufbau der neuen Produktionsfirma zu dem Gesprächsthema unter den deutschen MIPTV-Besuchern.

Für diese Investitionen in Köpfe und den geordneten Aufbau der Seapoint Productions hält Jan Mojto ihm als Gesellschafter des Unternehmens finanziell den Rücken frei. Inhaltlich einmischen will sich Mojto aber nicht, wie er vergangenen Woche im DWDL.de-Interview verriet. Über sein Interesse an dieser Zusammenarbeit mit Stefan Oelze sagte er: „Ich halte sehr viel von ihm. Aufbauen muss er das selber (…) ich beanspruche nicht zu wissen, wie eine Produktionsfirma mit ihren kreativen Prozessen zu funktionieren hat. Das überlasse ich in diesem Fall Stefan Oelze. Wir bringen da nur Ideen und Gedanken ein und wollen die Möglichkeiten bieten, die dort entstehenden TV-Ideen zu vertreiben.“

Eines der letzten Projekte, das Jan Kromschröder noch bei ITV Studios Germany angeschoben hat, ist die erstmalige Adaption einer populären Smartphone-App („Quizduell“) für eine live ausgestrahlte Fernsehshow. Erst am späten Montagnachmittag hatte DasErste dazu Details und den konkreten Sendestart - schon am 12. Mai um 18 Uhr - veröffentlicht. Für die Sitcom „Sekretärinnen - Überleben von 9 bis 5“ hatte Kromschröder und sein ITV-Team erst Ende Januar zudem eine Nominierung zum diesjährigen Grimme-Preis erhalten und 2013 führte ITV Studios Germany unter seiner Führung das von DWDL.de-ermittelte Produzenten-Ranking an.

Am späten Montagabend war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu dem Wechsel zu erreichen. Eine Bestätigung der Personalie dürfte aber spätestens am Dienstagmittag erfolgen: Traditionell präsentiert Jan Mojto jeweils am zweiten Messetag der MIPTV in Cannes die Neuigkeiten aus seinem Hause beim sogenannten Beta-Brunch. Dazu dürfte auch die noch recht neue Beteiligung an Stefan Oelzes Seapoint Productions gehören. Insbesondere nach diesem Personal-Coup. Wer hingegen künftig ITV Studios Germany führen soll, ist noch unklar.

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