"Wenn er ein Shiny-Floor-Format um 20:15 Uhr bekäme, würde er wahrscheinlich die ganze Sendezeit über nur auf dem Boden knien und sein Spiegelbild betrachten." So klang das, als sich ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler einmal über Jan Böhmermann äußerte. Nun, fast zwei Jahre später, moderiert Jan Böhmermann "Wetten, dass..?" - freilich nicht am Samstagabend, nicht in einer großen Halle und genau genommen auch bloß als Special innerhalb seines "Neo Magazins". Aber ja, zumindest stellenweise war es wieder da, dieses "Wetten, dass..?"-Gefühl von einst.
Lag's an der vertrauten Musik oder den alten Moderationskarten von Thomas Gottschalk, die sich Böhmermann von William Cohn gleich zu Beginn hat geben lassen? Lag es vielleicht an der gewohnt absurden Sichtschutz-Brille und dem obligatorischen Bagger? Oder waren es gar die glitzernden Schuhe, in die der Moderator zur Feier des Tages schlüpfte? Nun, vielleicht lag es auch einfach an der Langatmigkeit, die "Wetten, dass..?" in der Vergangenheit immer wieder an den Tag legte und die auch bei dieser stellenweise doch sehr skurrilen Interpretation des Show-Dinos nicht fehlte. Ja, man muss es so sagen: Es war mitunter richtig langweilig.
"Ich wette, dass ich es schaffe, in den nächsten 90 Minuten keine Staatskrise auszulösen", scherzte Böhmermann zu Beginn der Show und gab wenig später - stets unter Beobachtung des auf einem Foto verewigten Erfinders Frank Elstner - zu verstehen, was genau er mit dieser "Wetten, dass..?"-Sendung eigentlich beabsichtigt. Die Show sei eine "Mischung aus Hommage und Bewerbung", erklärte er und fügte eilig hinterher, dass ihm das Gehalt egal sei. "Ich mache es eigentlich für die Sache." Tatsächlich ist es Böhmermann recht gut gelungen, sich von einer ganz anderen Seite zu zeigen. Seine Witze waren selten böse, er mimte den großen Gastgeber und hakte sich bei Eva Padberg unter, damit sie heil das Sofa erreicht.
Wer all das sah, kann ernsthaft den Eindruck bekommen, dass Jan Böhmermann für die große Familienshow-Bühne, auf der es vor allem darauf ankommt, möglichst vielen zu gefallen, durchaus geeignet ist. Er scheint sogar Gefallen daran zu finden, dieser ungewohnten Rolle gerecht zu werden. Ob es daher wirklich Not tat, ausgerechnet die Wetten durch Nonsens zu ersetzen? Ein Mann, der seine Gattin mit Hilfe eines Baggers zum Orgasmus bringen will und dabei aus Versehen ein Auto schrottet? Ein Mädchen, das mit ihren Füßen im Gesicht die Parteizugehörigkeit von Politikern ertastet? Echt jetzt? Für mehr als einen kurzen Schmunzler reichte all das jedenfalls nicht.
Die Frage sei erlaubt, ob es nicht dienlicher gewesen wäre, ein paar echte Wetten zu spielen, um der Show zumindest phasenweise so etwas wie Spannung zu verleihen. So waren nicht nur die Talk- und Musikauftritte (Ja, DJ Bobo war wirklich da!) - wie in guten, alten Zeiten - langatmig, sondern auch noch das eigentliche Herzstück. Mäßig lustige Spielchen nach Drehbuch brachten Böhmermanns Wett-Show jedenfalls nicht den erwünschten Unterhaltungswert. Die fehlende Ernsthaftigkeit bei den Wetten wiederum wirft die Frage auf, ob es nicht womöglich doch gereicht hätte, das Experiment auf eine "Neo Magazin"-Folge zu beschränken.
Dabei kann man den Jungs und Mädels von der Bildundtonfabrik keineswegs vorwerfen, nicht auf Details geachtet zu haben. Die typische Musik, die Kamerafahrten, der verzögerte Ton bei der Schalte zur Außenreporterin. So gesehen war das "Wetten, dass..?"-Special stimmig. Am Ende aber wirkte es, als wüsste selbst Böhmermann nicht, ob die Sendung, die er gerade moderiert, die angekündigte Hommage ist oder letztlich doch nur eine schlechte Parodie. Die Wahrheit liegt vermutlich dazwischen und ein wenig besteht ja noch die Hoffnung, dass die zweite Hälfte in der nächsten Woche besser wird. Zur Halbzeit lautet das Fazit: Wenn schon Shiny Floor, dann bitte richtig.