Manchmal kann das Fernsehen seinen Zuschauern echte Schmerzen bereiten. Wenn's richtig schlimm ist, sind selbst Übelkeit und Magenkrämpfe nicht ausgeschlossen. Es ist also ganz nett, dass Sixx die Zuschauer seiner neuen Tattoo-Show warnt und vorsorglich schon mal den "Schmerz" in den Titel aufnimmt. Die Sorge ist allerdings unbegründet, denn das Wörtchen "Pain" bezieht sich glücklicherweise ausschließlich auf die Protagonisten von "Pain & Fame" – und nicht so sehr auf die Sendung ansich. Die ist nämlich durchaus gelungen, auch wenn man vermutlich ein Faible für Hautverzierungen jeglicher Art mitbringen muss, um ernsthaft Gefallen daran zu finden.
Das Konzept der neuen Sixx-Show ist außerordentlich simpel: Mehrere Tätowierer treten in einem Wettstreit gegeneinander an und bringen nicht nur ihre Gerätschaften mit, sondern – wie praktisch – auch noch ihre "lebenden Leinwände". So werden die Freiwilligen bezeichnet, die den Nadelkünstlern ihren Körper zur Verfügung stellen, um sich wahlweise Augen, Gesichter oder Totenköpfe vor laufender Kamera stechen zu lassen. Und wie man das von handelsüblichen Castingshows kennt, darf auch bei "Pain & Fame" eine Jury, die über Sieg und Niederlage entscheidet, nicht fehlen.
Mit von der Partie ist Sophia Thomalla, die nicht nur mit ironisch gemeinten Postings über den Zusammenhang von kleinen Brüsten und Flüchtlingen von sich reden macht, sondern auch mit der stattlichen Anzahl von 20 Tattoos auf ihrer Haut. Mit ihr zusammen begeben sich auch noch die in der Szene offenbar bestens bekannten Tätowierer Randy Engelhard und – ja, kein Scherz – Mario Barth auf die Suche nach Germany's next Meisterstecher, in der den Kandidaten Woche für Woche ein Thema winkt, das sie mit geschickten Nadelstichen möglichst kreativ umzusetzen haben.
Man merkt der Sendung ein wenig an, dass Sophia Thomalla als Star der Show ein wenig Glanz in die Hütte bringen soll. Nicht umsonst ist sie im äußerst gelungenen Opener als einzige der drei Juroren zu sehen. In Wirklichkeit stiehlt Barth ihr jedoch fast durchweg die Show. Mit seinem wunderbaren österreichischen Akzent wirkt selbst seine schärfste Kritik plötzlich ganz lieb. Wenn sich dann auch noch schräge Anglizismen in seine Sätze schleichen und er etwa den "Linework-Trainer mit den Eyelashes" lobt, dann wird’s richtig amüsant.
Austeilen kann er jedenfalls, der Mario Barth aus der Alpenrepublik: "Wenn i net wüsst', dass du a Junge wärst, würd' i sag'n, du bist a klein's Mädl", kritisiert er nach dem Ende der ersten Runde einen der Teilnehmer, mit dessen Leistung er ganz offensichtlich nicht einverstanden ist – doch wirklich böse kann man ihm selbst in diesem Moment nicht sein. Dieses Beispiel zeigt ganz gut den Spagat, an dem sich die Produzenten von RedSeven Entertainment versuchen: Obwohl "Pain & Fame" rockig und unangepasst daherkommen soll, wirkt die Show doch stets freundlich, nett und an manchen Stellen sogar ernüchternd harmlos.
Im Mittelpunkt steht letztlich aber die Kunst – und das ist äußerst erfreulich, weil dem Publikum innerhalb kurzer Zeit eine erstaunliche Vielzahl unterschiedlicher Stilrichtungen der Tattoo-Szene nähergebracht werden. Das alles muss einem selbstverständlich nicht durch die Bank weg gefallen, doch die Ernsthaftigkeit, der sich Sixx diesem Metier widmet, ist durchaus bemerkenswert. Und noch etwas ist bemerkenswert: Wer hätte ernsthaft geglaubt, dass eine TV-Show mit Mario Barth mal ruhigen Gewissens weiterempfohlen werden kann?
Sixx zeigt "Pain & Fame" ab sofort mittwochs um 20:15 Uhr.