Die AfD sitzt mittlerweile in acht Landtagen und hat sich damit – zumindest vorerst – in der deutschen Parteienlandschaft etabliert. Und sie bekommt viel Aufmerksamkeit: 40 Prozent der Deutschen findet, dass sogar zu viel über die Partei berichtet wird. Tragen die Medien also dazu bei, dass die AfD unverhältnismäßig stark im Mittelpunkt steht – und sie damit zu einem Schreckgespenst aufgeblasen wird?
Gar keine Frage. Das Problem liegt aber an einer anderen Stelle: Die AfD pocht darauf, als demokratische Partei anerkannt zu werden, verhält sich, vor allem wenn es um die Pressefreiheit geht, aber nicht fair den Menschen gegenüber, die über sie berichten und versuchen, ihre Ansichten zu verstehen und zu kommunizieren. Im Gegenteil: Die Partei geht öffentlichkeitswirksam gegen unliebsame Journalisten und Berichterstattung vor.
Will die AfD als Partei ernst genommen werden, muss sie anfangen, auch die Arbeit der Journalisten ernst zu nehmen – und darf nicht jede Berichterstattung als Angriff verstehen. Denn das Verhältnis zwischen Journalisten und Politikern ist schon – und das nicht erst seit es die AfD gibt - mindestens schwierig, aber ebenso wichtig.
Zu den Journalisten, die versuchen, die AfD wirklich zu verstehen, gehört ausgerechnet Dunja Hayali. Während Kommentatoren, Talkshow-Gäste und Journalisten noch versuchten, die AfD abzustempeln, und so wenig wie möglich ernst zu nehmen, ist sie mit einem Kamerateam zu einer AfD-Kundgebung mit über 4.000 Menschen nach Erfurt gefahren – und hat einfach nur zugehört, mit den Menschen vor Ort gesprochen und schließlich das komplette Rohmaterial veröffentlicht: „Der Vorwurf der Zensur, Fälschung, Selektion und Lügenpresse war nach dem Beitrag über die AfD-Demo zu erwarten. Auch deshalb stellen wir nun alle Interviews in voller Länge, also ungekürzt ins Netz. Schauen Sie bitte bis zum Ende, machen Sie sich ein eigenes Bild", schrieb sie damals.
Ein mutiger Schritt, der letztlich zeigte, dass nicht etwa Material ausgewählt worden war, das Menschen diffamiert oder etwa die Partei bloß stellt (so der Vorwurf der AfD), sondern Umfragebeispiele, die die Ängste in den Vordergrund stellen. Aber wer so tief in sich glaubt, dass die Arbeit von Journalisten immer nur durch Misstrauen gegenüber den Ansichten der Partei geprägt ist, den wird auch das nicht überzeugen. Und besonders schade ist, dass dieser Trend durch die Bundessprecherin der AfD, Frauke Petry, noch verstärkt wird. Sie sieht Dunja Hayali "zunehmend mehr als politische Aktivistin denn als professionell arbeitende Journalistin". Und sie habe ein "deutlich reduziertes" Interesse an Interview, solange öffentlich-rechtliche Fernsehsender "Politaktivisten wie Dunja Hayali" ein öffentliches Forum böten.
Hintergrund war ein geplatzter Interviewtermin am vergangenen Montag im ZDF-Morgenmagazin, in der die Redaktion Frauke Petry nach den erfolgreichen Landtagswahlen ebenso einen Platz eingeräumt hatte, wie anderen Parteien – nur erschien die Bundessprecherin nicht. Danach ließ die AfD verlauten, dass Petry den Termin im Kalender übersehen habe, später hieß es, ein Hackerangriff habe die Server lahmgelegt. Die Termine im Morgenmagazin werden aber per Telefon oder SMS gemacht. Aber es zeigt auch, wie versucht wird, mit billigen Ausreden die eigenen Schwächen zu überdecken, statt zu ihnen zu stehen. Womöglich hat Frauke Petry nur Angst vor den Fragen von Hayali gehabt, die sie selbst entlarven könnten. Denn genau das hat letztlich auch die Veröffentlichung des Rohmaterials gezeigt.
Diese Angelegenheit passt allerdings in eine Serie von weiteren Vorfällen: Bereits 2014 hat die AfD auf einem Landesparteitag in Hessen darüber entschieden, die Presse auszuschließen – und das nicht, wie es selbstverständlich gewesen wäre, bereits bei der Akkreditierung der Journalisten, sondern vor Ort, als die Journalisten schon vor Ort gewesen sind. Taktisch war das vielleicht klug, hätte es dem Landesparteitag sonst sehr wahrscheinlich an Aufmerksamkeit gefehlt, aber mit einem professionellen Umgang hat das wenig zu tun.
Der "übelsten Verleumdung" hat die AfD die Rhein-Zeitung im Februar bezichtigt. Hintergrund da war ein Interview, das die Zeitung mit Frauke Petry geführt hat: Das Blatt hatte sich damit einer Änderung widersetzt, weil sie Aussage zum Schusswaffengebrauch an Grenzen "komplett" abgeändert hatte – und auch die "Rhein-Zeitung" veröffentlichte das entsprechende Tonmaterial aus dem Interview. Die AfD kritisierte damals: "Wir hatten vor dem Interview eine Autorisierung vereinbart, aber daran hat sich die Zeitung nicht gehalten", sagte Parteisprecher Christian Lüth der Onlineseite der FAZ. "Dass man Frau Petry jetzt so bloßstellt, ist inakzeptabel. So einen Umgang pflegt die 'Rhein-Zeitung' mit anderen Politikern doch auch nicht."
Einzelne unliebsame Journalisten werden von der AfD gleich ganz ausgeschlossen, so geschehen beim Parteitag der AfD in Mecklenburg-Vorpommern vor einem Monat: Die Journalistin und anerkannte Rechtsextremismus-Expertin Andrea Röpke soll dabei Fotos von Mitgliedern gemacht haben, und diese anschließend auf Antifa-Seiten hochgeladen haben. Belege dafür gibt es aber bislang keine. DJV und DJU kritisierten diesen Fall als "eklatanten Angriff auf die Pressefreiheit". Ähnliches kenne sie nur von der NPD, sagte sie in einem Interview danach.
Die AfD muss dringend ihren Umgang mit den Medien überdenken, professioneller und sachlicher mit Vertretern der Presse umgehen – und vor allem selbstkritisch. Talkshow-Auftritte, von denen es – vor allem von Frauke Petry und Beatrix von Storch - in der Vergangenheit unzählige gab, sollten endlich dazu genutzt werden, um wirklich politische Inhalte zu transportieren und nicht als Plattform für Provokationen genutzt werden. Denn oft zeigt sich so, dass die AfD auf viele Fragen keine Antworten hat. Damit bringt sie viele Menschen gegen sich auf – nicht nur Journalisten.