Als ich kürzlich ein paar Tage in Holland verbrachte, zog es mich in einen Supermarkt. Im dortigen Zeitschriftenregal klaffte eine riesige Lücke - dort, wo eigentlich "Linda" hätte ausliegen sollen, war lediglich ein kleines Schild zu sehen, in dem sich der Supermarkt bei seinen Kundinnen und Kunden für den fehlenden Heft-Nachschub entschuldigte. Nun werden Sie sich womöglich fragen, was so interessant daran ist, dass in irgendeinem holländischen Supermarkt irgendeine Zeitschrift vergriffen ist. Nun, "Linda" ist der Name der Zeitschrift von Moderatorin Linda de Mol, die bei unseren Nachbarn noch immer ein großer Fernsehstar ist.
Seit nunmehr zwölf Jahren erscheint die Frauenzeitschrift Monat für Monat mit beachtlichem Erfolg. In den vergangenen Jahren hat es der Verlag geschafft, die "Linda"-Auflage regelmäßig zu steigern. Auf eine ähnliche Erfolgsgeschichte hofft man nun auch in Hamburg bei Gruner + Jahr. "Barbara" nennt sich das neue Magazin, dem Barbara Schöneberger nicht nur ihren Namen lieh. Für 3,80 Euro können geneigte Leserinnen und Leser die Moderatorin nun im wahrsten Sinne des Wortes kaufen. Oder zumindest ein Stück von ihr. Die Erwartungen sind groß: Ganze 53 Anzeigenseiten befinden sich im ersten Heft, das mit 204 Seiten deutlich üppiger ausgefallen ist als ursprünglich geplant.
Hinzu kommt eine millionenschwere Kampagne, mit der Gruner + Jahr in diesen Tagen für "Barbara" trommelt. Die gibt sich im Editorial mächtig stolz: "Ist es nicht schön, dass Sie mich in Händen halten können?", fragt Schöneberger. "Sie können mich sogar auf Ihren Küchentisch legen. Wer kann das schon von sich behaupten?" Schönebergers Mission - und damit auch die des Verlags - ist klar: "Barbara" soll "kein normales Frauenmagazin" sein, wie schon auf dem Titel verraten wird, den - man ahnt es schon - Barbara Schöneberger ziert. Dort findet sich auch ein ungewöhnliches Versprechen: "Ohne Diät, Workout und To-do-Listen".
Also doch ein normales Frauenmagazin? Nun entspreche ich freilich nicht der Zielgruppe von "Barbara", doch das, was die erste Ausgabe zu bieten hat, weiß selbst mir durchaus zu gefallen. Gelungen ist der Einstieg ins Heft: Auf den dreiseitigen "Wunschzettel des Monats", der Dinge wie Kerzenständer im Stile des Heiligen Grals und eine hängende Badewanne für kleine Vögel auf recht unterhaltsame Weise vorstellt, folgt eine Geschichte über den Tod. Fünf Frauen und zwei Männer erzählen sehr berührend, wie sich der Moment anfühlte, in dem sie das erste Mal einen Menschen verloren. "Das erste Mal" ist der rote Faden, der sich durch die Erstlingsausgabe der Zeitschrift zieht - durchaus naheliegend, aber gut umgesetzt.
Botox, Krustenbraten und Verkleidungssex
Hinzu kommen schöne Fotostrecken wie jene des schottischen Fotografen Dougie Wallace, der im englischen Blackpool diverse Junggesellinnenabschiede dokumentiert und für "Barbara" kommentiert hat. Eher skurril kommen die Fotos einer Frau daher, die sich für die erste bemannte Mars-Mission beworben hat und sich nun in verschiedenen Astro-Fummeln inmitten New Yorks ablichten lässt. Nicht fehlen darf natürlich auch "Das erste Mahl", bei dem auch Barbara Schöneberger wieder in Erscheinung tritt. Zwischendrin darf sie sich auch sehr ausgiebig an ihren ersten "Verkleidungssex" erinnern und ein Interview mit Sarah Connor führen. Als Gesprächspartnerin der ersten Ausgabe ist die Sängerin vergleichsweise unspektakulär. Immerhin liest sich das Gespräch ganz unterhaltsam, weil dort zwei Frauen zusammensitzen, die sich offenkundig viel zu sagen haben.
Und sonst? "Barbara" zeigt Frauen mit und ohne Make-up und lässt zwei Schwestern über das Für und Wider von Botox schreiben. Kulinarisch gibt's klassische Hausmannskost wie Rinderrouladen und Schweinekrustenbraten. Vegetarier können um den Food-Bereich also getrost einen Bogen machen. Alles in allem weiß die "Barbara"-Premiere am Kiosk zu überzeugen. Wer die knapp vier Euro ausgibt, bekommt ein hochwertiges Frauenmagazin, das mit Liebe zum Detail gemacht wurde und an vielen Stellen mit einer ungewöhnlichen Ansprache daherkommt. Nun gilt es, genau das auch in den nächsten Ausgabe unter Beweis zu stellen, für deren Herstellung nicht so viel Zeit bleibt wie im Vorfeld des Erstlings. Nicht zuletzt davon wird abhängen, wie viel "Linda" in "Barbara" steckt.