Eine rote Tartanbahn auf dem Teppich, eine angedeutete Kletterwand und ein Kicker – so sieht er aus, der neue Sportcampus des WDR. Hier, in der zweiten Etage der WDR-Arkaden in der Kölner Innenstadt, auf der sich noch vor nicht allzu langer Zeit eine Bibliothek befand, haben die Handwerker in den vergangenen Monaten gearbeitet, um der Sportredaktion einen neuen Newsroom mit 92 Arbeitsplätzen zu bauen. Oder wie es im neudeutschen WDR-Sprech heißt: Workspaces. Das wichtigste Schlagwort aber lautet Crossmedialität – und ist streng genommen in vielen öffentlich-rechtlichen Anstalten schon weitaus stärker verbreitet als beim WDR, der nun also auch keinen redaktionellen Unterschied mehr machen möchte zwischen Fernsehen, Hörfunk und Internet.
Den Eindruck, dass die beschworene Crossmedialität eine große Sache ist, musste man gewinnen, als am Dienstag die gesamte WDR-Geschäftsleitung im Sportcampus auf der Matte stand, um die geladenen Journalisten über das zu informieren, was hier ab sofort auf 1.700 Quadratmetern im weiten Rund geschehen soll. "Die Sport-Kollegen waren schon viel weiter als die Geschäftsleitung", sagte WDR-Intendant Tom Buhrow bei der Eröffnung und erklärte, sie hätten Crossmedialität etwa durch Großereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft längst gelebt und in Folge dessen einen Rahmen gefordert, für den der WDR in den vergangenen Jahren trotz der verordneten Sparmaßnahmen das nötige Geld zur Seite legte
Die Investitionen, von denen alleine die neue Technik 1,4 Millionen Euro verschlang, sieht Buhrow aber gut eingesetzt, schließlich sei es nun möglich, mit weniger Ressourcen mehr Inhalte herzustellen. So sei etwa die Radiosendung "Liga live" fortan nicht mehr getrennt von der "Sportschau". "Es sind doch dieselben Spiele, es ist derselbe Sport, es ist derselbe Fußball", betonte der Intendant und sprach zugleich von "großen Mosaiksteinen auf dem Weg des digitalen Wandels". Tatsächlich ist der Sportcampus zusammen mit dem Wirtschafts- und Verbraucher-Ressort erst der Anfang von Veränderungen im Haus. Im Mai soll mit der Wissenschafts-Redaktion schon der nächste Bereich gemeinsame Räume beziehen.
Bis der Prozess in der größten ARD-Anstalt abgeschlossen ist, werden aber noch Jahre vergehen. Bis 2022 soll die komplette aktuelle Berichterstattung des WDR im ehemaligen Filmhaus angesiedelt sein. Nach der notwendigen Sanierung wird auch dort ein crossmedialer Newsroom entstehen, in dem die verschiedenen Redaktionen gemeinsam die Tagesaktualität stemmen. Die Herausforderung besteht in diesem Fall nicht nur darin, die unterschiedlichen Vertiebswege unter einen Hut zu bringen, sondern auch die bislang in Düsseldorf ansässigen Redaktionen nach Köln zu verlegen. Buhrow selbst sprach in diesem Zusammenhang von einer "großen Vision".
Ob die neue Form die gewünschten Ergebnisse bringen wird, bleibt freilich abzuwarten. Vorsorglich will der WDR in seinem neuen Sportcampus nach drei Monaten eine Evaluation durchführen, um herauszufinden, was gut läuft und was nicht. An diesem Dienstag herrschte jedenfalls zunächst eitel Sonnenschein auf dem hochmodernen Sportcampus mit all seinen Workspaces. Moderatorin Sabine Hartelt lobte das Mehr an Kommunikation und Kollege Holger Dahl sagte mit Blick auf die aufgehobene Trennung der Redaktionen: "Vorher sind wir sehr erfolgreich nebeneinander hergefahren und haben die Scheiben heruntergekurbelt. Jetzt können wir die PS gemeinsam auf die Strecke bringen." Die rote Tartanbahn im Inneren Newsroom erinnerte bei der Eröffnung jedoch eher an einen Langstreckenlauf mit allerlei Hürden und Hindernissen.