Im Dezember 2013 erregte "Der Spiegel" richtig Aufmerksamkeit – mit einem englischen Artikel: Damals hatte das Nachrichtenmagazin exklusiven Zugang zu Informationen im NSA-Skandal um Edward Snowden. Zeitgleich zum Magazin erschien die Titelgeschichte auch auf Spiegel International, dem englisch-sprachigen Angebot im Netz und brachte es alleine auf Facebook zu 16.000 Empfehlungen – eine beeindruckende Zahl damals. "Der Spiegel" schaffte es damit auch weltweit zitiert zu werden. Das Angebot gab es damit schon eine Weile, seit dem aber ist es ruhiger geworden.
© Spiegel Spiegel Online-Chefredakteurin Barbara Hans gibt sich trotzdem optimistisch: "Unsere Erfahrungen mit International sind sehr positiv und die Rückmeldungen der Leser sind es auch", sagt sie. Wie fast alle anderen deutschen Verlage werden aber kaum eigene Inhalte hergestellt, viel mehr werden bestehende Texte ins Englische übersetzt und für das internationale Publikum mit Hintergründen zur Verfügung gestellt. "Gerade in politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen können wir auf diesem Weg einer internationalen Leserschaft unseren Journalismus zugänglich machen", sagt Hans, die Spiegel Online seit 2016 leitet.
© Handelsblatt Man nutze Spiegel International aber auch, um "unsere Sicht der Dinge vermitteln, zum Beispiel zuletzt im Fall des Trump-Titels, der in den USA intensiv diskutiert worden ist." Seit zwei Jahren setzt auch das Handelsblatt mit der "Global Edition" auf eine englischsprachige Ausgabe. So soll die "Sprachbarriere" überwunden werden, wie es zum Start in einer Mitteilung hieß. Chefredakteur Kevin O' Brien (Foto links) arbeitet dabei mit 20 bilingualen Journalisten zusammen, die Artikel nicht einfach nur übersetzen, sondern für ein internationales Publikum aufbereiten. Konkret heißt das: Sachverhalte werden erklärt und in einen internationalen Kontext gesetzt.
© Zeit Verlagsgruppe Eine Doppelstrategie fährt die Zeit Verlagsgruppe: Auf Zeit Online werden einige Texte auch auf Englisch zur Verfügung gestellt. "Da die Nachfrage stark zugenommen hat, sind es mittlerweile mehrere Artikel pro Woche. Bisher verfolgen wir damit kein Geschäftsmodell und entscheiden die Übersetzung von Fall zu Fall", erklärt Jochen Wegner, Chefredakteur von Zeit Online. So finden sich online – zugegeben etwas versteckt – vor allem Texte zu politischen Themen, überwiegend aus den USA, Russland und der Ukraine. Das "Zeit Magazin" hingegen erscheint seit 2013 zweimal jährlich unter dem Titel "The Berlin State of Mind" als Best-of-Ausgabe komplett in englischer Sprache.
© Zeit Verlagsgruppe Den Impuls dafür gab die französische Fotografin Brigitte Lacombe: "Bei einem Mittagessen sagte sie: 'I really like your magazine, the stories, the design, the visuals. I wish I could read it'," erzählt Christoph Amend (Foto links), Chefredakteur "Zeit Magazin" rückblickend. Das Magazin wird dabei nicht nur in Deutschland, sondern weltweit etwa in Paris, Mailand, New York und Shanghai vertrieben. Die "New York Times" schrieb in einer Rezension: "It's truly great international magazine" – und fand eine Definition, "mit der wir seitdem prima leben: 'a teutonic glossy'", sagt Amend.
Ein wesentlich geringeres Angebot stellt etwa die Bild-Zeitung zur Verfügung. Die auflagenstärkste Tageszeitung Europas stellt auf ihrer Webseite lediglich einige wenige politische Artikel auf Englisch zur Verfügung. Die Besonderheit liegt an einer anderen Stelle: Einige Interviews etwa mit dem französischen Präsidenten Francois Hollande erscheinen auch auf Französisch. Als einzige deutsche Regionalzeitung setzt der Bonner Generalanzeiger seit einem Jahr auf ein englischsprachiges Angebot. Das macht durchaus Sinn: Denn in Bonn leben durch die Vereinten Nationen, die Deutsche Post oder auch die Telekom bis zu 25.000 Menschen, deren Muttersprache Englisch ist.
© Bonner Generalanzeiger "Viele leben zu kurz hier, um so gut die deutsche Sprache zu beherrschen, dass sie auch lokale Nachrichten verstehen können", sagt Helge Matthiesen. Er ist seit 2015 Chefredakteur des Bonner Generalanzeigers. "Aber die Menschen wollen trotzdem am lokalen Leben teilnehmen." Deshalb hat die Regionalzeitung vor einem Jahr ein englisches Lokal – und Serviceangebot auf den Markt gebracht, das von Journalistin Carol Kloeppel (Ehefrau des RTL-Chefmoderators Peter Kloeppel) und zwei weiteren freien Mitarbeiterinnen betreut wird.
Fünf bis sieben Meldungen aus den Bereichen Polizei, Lokalpolitik, aber auch Veranstaltungen werden so täglich übersetzt und auf die Webseite gebracht. "Wir sind ganz zufrieden", sagt Matthiesen. Nach einem Jahr kommt das Angebot auf monatlich 25.000 Seitenaufrufe und hat rund 1000 Fans bei Facebook und um die 160 bei Twitter. "Die Basis für einen Ausbau ist recht schwierig, weil die Zielgruppe doch recht spitz ist", sagt der Chefredakteur. Aber das spreche längst nicht gegen eine Weiterentwicklung, vor allem bei den Veranstaltungen für englischsprachige Menschen will sich die Regionalzeitung noch verbessern.