Vor einem Monat hat der Münchner Bezahlsender Sky ein neues Konzept für sein Streaming-Angebot vorgestellt, bei dem sämtliche Inhalte ohne zusätzlichen Receiver online abgerufen werden. Eigentlich muss man dazu sagen: schon wieder. Diesmal lohnt es sich aber, genauer hinzusehen. Denn das enttäuschende "Snap by Sky", das mit wenig attraktiven Inhalten zuletzt zum Discountpreis verschleudert wurde, ist Geschichte. Das relaunchte Sky Online hingegen könnte zu einem ernsthaften Konkurrenten für Amazon und Netflix werden.
Die Stärken
Die vielleicht größte Enttäuschung bei Snap war, dass zwar Sky draufstand, aber nicht drin war: Statt neuer Serienepsioden und Blockbuster-Premieren bestand das Angebot vor allem aus gut abgehangenen Klassikern. Sky Online macht das radikal anders – und setzt im Gegensatz zu den Wettbewerbern auf dem vom Pay TV bekannte Paketstruktur (DWDL.de berichtete). Das Entertainment-Paket ist sozusagen die Grundlage und kostet monatlich 9,99 Euro. Drin sind Serien, Dokumentationen und Sendungen für Kinder, die bei den Sendern Sky Atlantic HD, Fox, TNT Serie, TNT Glitz, RTL Crime, Spiegel Geschichte, National Geographic, Disney Junior und Disney XD laufen.
Wer sich die Inhalte ansieht, wird erstmal stutzen: Besonders üppig ist die Auswahl nämlich nicht. Je nach Sender stehen gerade einmal zwischen fünf und 18 Serien zur Verfügung – auf so mancher Übersichtsseite herrscht gähnende Leere. Auf den zweiten Blick ist das allerdings nicht weiter schlimm. Denn in Sachen Qualität und Aktualität ist Sky Online so manchem Streaming-Konkurrenten in Deutschland weit voraus.
Episoden aktueller Staffeln können direkt nach ihrer Ausstrahlung im linearen Pay TV auch on Demand angesehen werden, bei "The Walking Dead" direkt nach der US-Premiere. Zum Portfolio gehört außerdem u.a. der neue "Doctor Who", die zweite Staffel "True Detective", der HBO-Erfolg "The Leftovers" sowie komplette "Serien Box-Sets", z.B. von "Lost". Exklusiv gibt's das fantastische "The Last Panthers", eine Koproduktion von Sky Atlantic und Canal+ (weiter unten mehr dazu).
Die Inhalte lassen sich online am PC und Mac oder über Apps auf dem Tablet abrufen, und von dort aus per Chromecast-Funktion auch auf dem Fernseher. Das Design ist gewöhnungsbedürftig: Die giftgrün-blaue App lässt sich für Apples iOS, Windows 10 mobile und Android downloaden, ist aber beim zuletzt genannten System ärgerlicherweise nicht mit allen Endgeräten kompatibel.
Eine App für Apple TV sei denkbar, erklärt Sky auf Anfrage, für Amazons Fire TV existieren derzeit jedoch keine Pläne. Dafür werden Kunden beim Abo-Abschluss dazu gedrängelt, eine Sky-Online-TV-Box mitzukaufen, die aber nix anderes macht als die App-Inhalte auf den Fernseher zu spiegeln (und dort einen HDMI-Anschluss zu belegen). Den Hardware-Quatsch kann man sich getrost sparen – es sei denn, man lebt sonst technisch zolibatär.
Die Schwächen
So richtig rund ist das Sky-Online-Angebot trotzdem nicht. Vor allem wird es schnell teuer: Wer außer Serien und Dokus auch neue Filme sehen will, muss sehr viel tiefer in die Tasche greifen. Das (auch alleine buchbare) "Cinema"-Monatsticket kostet 14,99 Euro – zusätzlich! Bundesliga und Champions League können im "Supersport Tagesticket" dazu gebucht werden. Mit ebenfalls 14,99 Euro (pro Tag) macht Sky das Angebot aber maximal unattraktiv, um das eigene Kernprodukt nicht zu kannibalisieren.
Diese Absicht führt auch an anderer Stelle zu Einschränkungen: Die meisten Inhalte sind bei Sky Online nämlich lediglich in SD-Qualität verfügbar, eine HD-Option lässt sich nicht zubuchen. Für die Programme von Sky Atlantic HD gilt das nicht, die sind verwirrenderweise automatisch hochauflösend.
Und jetzt wird's kompliziert: Denn obwohl Sky z.B. damit wirbt, beim Entertainment-Paket online Zugriff auf "10 der bekanntesten Pay-TV-Sender" zu liefern, steht nicht deren komplettes Programm auch on Demand zur Verfügung, sondern nur einzelne Highlights. Das liege an den unterschiedlichen Rechten, die man für die verschiedenen Inhalte habe, heißt es in München. Und führt zum Beispiel zu der kuriosen Situation, dass manche aktuelle Serienfolge nach sieben Tagen Catch-up wieder verschwunden ist. Die spannende TNT-Serie-Eigenproduktion "Weinberg" zum Beispiel, mit der Sky Online zum Sky-Online-Start im November geworben hatte, ist erst ab 26. Dezember wieder abrufbar. Zur gleichen Zeit steht auch das Serien-Highlight "Wayward Pines" wieder online. Ziemlich irritierend für Zuschauer, die eigentlich flexibel und stressfrei ihre Lieblingsserien gucken wollen.
Völlig unproblematisch lassen sich die zu den Paketen gehörenden Sender hingegen online live sehen – englische Serien auch in der Originalversion, anders als die Auswahl suggeriert aber nicht in HD.
Kurios ist auch, dass man als Sky-Online-Kunde zwar im "Guide" die Übersicht sämtlicher per Receiver empfangbaren Sender angezeigt kriegt – aber manche gar nicht dazu buchen kann, auch nicht per Upgrade (z.B. SyFy oder 13th Street). Sky-Sprecher Stefan Bortenschlager erklärt auf DWDL.de-Anfrage: "Wir arbeiten kontinuierlich weiter am Ausbau der Inhalte von den Partnersendern, zum jetzigen Zeitpunkt gibt es aber noch keine Details."
Außerdem wär's nett, wenn künftig auch eigenproduzierte Inhalte bereits beteiligter Sender zur Verfügung stünden. Die TNT-Glitz-Show "Ponyhof" zum Beispiel sucht man als Sky-Online-Abonnent vergebens. Serien-Highlights wie die bereits gesendete Sky-Eigenproduktion "1992" fehlen ebenfalls. "Perspektivisch wird das Programmvolumen weiter wachsen, was unter anderem auch Eigenproduktionen beinhalten wird", sagt Bortenschläger.
Das Fazit
Das bisherige Angebot und die Zusagen aus München lassen die Schlussfolgerung zu, dass es Sky diesmal ernst zu sein scheint mit einem konkurrenzfähigen Streaming-Angbot. Noch gibt's einiges zu verbessern, aber als Alternative bzw. Ergänzung zu den bekannten SVoD-Angeboten ist Sky Online durchaus interessant. (Wobei auch Netflix und Amazon immer stärker auf Exklusives setzen.) Womöglich schaffen's die Sky-Techniker ja in den kommenden Wochen auch, dass man, um neue Pakete dazu zu buchen oder das Abo zu kündigen, nicht erst bei der Hotline anrufen oder ein Fax (!) schicken muss. Upgrade und Kündigung werden "zukünftig auch online möglich sein", versichert Sky.
Der Tipp: "The Last Panthers"
Es dauert nur ein paar Minuten, bis die ganze Stadt voller Polizei ist. Im letzten Moment gelingt der Diebesbande die Flucht aus der Bank, die sie brutal überfallen hat, um wertvolle Juwelen zu erbeuten. Eine gefährliche Verfolgungsjagd durch Marseille beginnt – und schon ist man als Zuschauer mittendrin in dieser Geschichte aus der der europäischen Unterwelt, von der "The Last Panthers" erzählt.
Blitzschnell geht es in der Sky-Koproduktion von Frankreich über London nach Belgrad. Während die Diebesbande mit ihrem skrupellosen Anführer Milan (Foto unten) zunächst in Ungarn vergeblich versucht, die Juwelen zu Bargeld zu machen, lässt Versicherungsdetektivin Naomi nichts unversucht, um sie wiederzukriegen – auch mit fragwürdigen Mitteln. In Marseille verheddert sich Polizist Khalil bei seinen Ermittlungen zum Überfall derweil in der eigenen Vergangenheit.
Wer Bildsprache und Erzählweise amerikanischer Serien gewöhnt ist, wird mit "The Last Panthers" zunächst fremdeln – und dann umso faszinierter davon sein. Weil sich die Serie mit ihrer Geschichte aus einem düsteren, unbekannten Europa von dem abhebt, was wir sonst zu sehen gewohnt sind.
Ich kann nur empfehlen, statt der deutsch synchronisierten Version das Original anzusehen, in dem die Erzählung nicht nur von Stadt zu Stadt springt – sondern auch vom Englischen ins Französische und Serbische (mit Untertiteln), was die Serie umso authentischer macht. Vier Folgen sind bereits abrufbar, neue stehen jeweils nach der linearen Ausstrahlung am Donnerstagabend zur Verfügung.