Schon vieles ist über die Quoten-Sorgen am ARD-Vorabend geschrieben worden. Diverse Experimente wurden dort in den vergangenen Jahren gefahren, doch weder Bruce Darnell noch Thomas Gottschalk brachten den gewünschten Erfolg - und so mancher "Heiter bis tödlich"-Krimi mag zwar auf seinem Wiederholungs-Sendeplatz in den Dritten gute Quoten bringen, nicht aber am Vorabend im Ersten. Auch die "Verbotene Liebe" scheint - aller Liebesbekundungen zum Trotz - angesichts von teils weniger als einer Million Zuschauern ihre besten Zeiten allmählich hinter sich zu haben. Doch während sich der Blick häufig auf die ARD richtet, fällt ein wenig unter den Tisch, dass auch das ZDF am Vorabend mit Problemen kämpft.
Nicht auf den ersten Blick, natürlich, aber bei genauerer Betrachtung der Quoten der "SOKO"-Schiene um 18:00 Uhr fällt auf, dass immer weniger junge Zuschauer Gefallen finden an der vorabendlichen Mördersuche. Zwar erreichen "SOKO 5113" & Co. mit im Schnitt fast vier Millionen Zuschauern mehr Menschen als die meisten Sender in der Primetime, doch blickt man auf die Gruppe der 14- bis 49-Jährigen, so lässt sich im Laufe der letzten Jahre ein kräftiger Abwärtstrend feststellen. Am deutlichsten ist er bei der "SOKO Kitzbühel" sichtbar: Die jüngste Staffel der Serie war mit durchschnittlich 3,66 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 19,8 Prozent insgesamt betrachtet ein voller Erfolg, konnte bei den 14- bis 49-Jährigen aber gerade mal noch 4,6 Prozent erzielen. Noch zwei Staffeln zuvor hatte es die Krimiserie in dieser Zuschauergruppe dagegen im Schnitt auf 8,5 Prozent Marktanteil gebracht.
Die "SOKO Kitzbühel" ist dabei allerdings keineswegs eine Ausnahme: Bei "SOKO Stuttgart" sank der Marktanteil innerhalb von drei Staffeln von 8,4 auf 5,9 Prozent, was die ZDF-Serie aber im Übrigen immer noch zur populärsten aller 18-Uhr-Produktionen macht. "SOKO Köln" gab im selben Zeitraum von 8,3 auf 4,9 Prozent nach, "SOKO Wismar" von 7,6 auf 4,8 Prozent und auch die Mutter als SOKOs, die "SOKO 5113" liegt mit einem durchschnittlichen Marktanteil von 5,3 Prozent beim jungen Publikum inzwischen über zwei Prozentpunkte unter dem Wert von vor zwei Jahren. Das Staffel-Finale der Serie verzeichnete beispielsweise 33,1 Prozent Marktanteil beim Publikum über 65, aber nur 3,6 Prozent bei den 30- bis 39-Jährigen. Und blickt man auf die Zuschauer unter 20, so wurden sogar weit weniger als ein Prozent erzielt.
Doch worauf ist dieser fast schon dramatische Abwärtstrend eigentlich zurückzuführen? Sehr wahrscheinlich ist es, dass das Publikum schlichtweg gealtert ist. Erweitert man den Altersbereich um zehn Jahre auf 14 bis 59, so fahren die ZDF-Krimis fast immer zweistellige Marktanteile ein. Zur von ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler angestrebten Verjüngung seines Senders trägt die Krimi-Schiene also trotz aller Quoten-Erfolge beim Gesamtpublikum inzwischen nicht mehr bei, was wiederum auch Auswirkungen auf die anschließenden "heute"-Nachrichten zu haben scheint. Obwohl es dem ZDF gelang, die Gesamt-Marktanteile seiner Hauptnachrichtensendung in den vergangenen Jahren zu steigern, liegt "heute" bei den 14- bis 49-Jährigen aktuell einen halben Prozentpunkt unter dem Schnitt von 2012.
Aus Sicht des ZDF-Werbefernsehens, das sich um die Vermarktung des Vorabendprogramms kümmert, läuft dagegen alles nach Plan - auch weil in Mainz eine andere Strategie verfolgt wird als bei den Kollegen von ARD Sales & Services, die am ARD-Vorabend nach wie vor eine jüngere Zielgruppe im Blick haben. "Bei Werberelevanz geht es um den Kauf - und dafür ist das Alter nicht trennscharf", sagte Hans-Joachim Strauch, Geschäftsführer des ZDF-Werbefernsehens, schon vor mehr als drei Jahren im DWDL.de-Interview und fragte: "Wenn Referenz, warum nicht Gesamtbevölkerung? Warum soll man plötzlich bei den 59-Jährigen abschneiden?" Erst im vergangenen Jahr konnte Strauch dank dieser Strategie über den höchsten Werbeumsatz der letzten zehn Jahre jubeln.
Und doch ist der Quoten-Trend der ZDF-"SOKOs" beim jungen Publikum inzwischen besorgniserregend, zumal dem Sender tagsüber längst nicht nur in der Krimischiene die Zuschauer unter 50 fehlen. So liegt die Kochshow "Topfgeldjäger" in diesem Jahr bei weniger als fünf Prozent Marktanteil und das tägliche Boulevardmagazin "Hallo Deutschland" erzielt aktuell sogar nur noch knapp mehr als vier Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen und liegt damit teils deutlich hinter Werten, die Privatsender der zweiten Generation verzeichnen. Dass der Sender mit seinen Krimiserien nicht selten mehr als jeden Dritten der über-65-Jährigen erreicht, ist zweifelsohne ein Erfolg. Gefährlich wird es jedoch, wenn man die Jungen gar nicht mehr erreicht. So wie das inzwischen über weite Strecken des Tagesprogramms hinweg beim ZDF der Fall ist. Dann geht es ganz schnell nicht mehr nur um ein paar Serien, sondern um die Existenzberechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.