So lange die Zuschauer "Wilsberg" sehen wollen, will er weitermachen. Schauspieler Leonard Lansink hat offenkundig noch lange nicht genug von seiner Rolle als Chaos-Detektiv, die er bereits seit 1998 verkörpert. Wilsberg ist eigentlich keiner, der den neuen Medien in besonderer Weise zugetan ist. Umso verwunderlicher erscheint es, dass das ZDF ausgerechnet diese Krimireihe mit einem Online-Projekt verknüpft - und doch liegt die Idee nahe, schließlich erreicht das Zweite mit "Wilsberg" stets auch recht viele junge Zuschauer.

Mit den Folgen "Aus Mangel an Beweisen" und "Die Bielefeld-Verschwörung", die das ZDF an diesem Samstag und am 18. Februar ausstrahlt, versucht sich der Sender erstmals daran, zwei Samstagskrimis mit einem internaktiven Netz-Angebot zu verknüpfen. Im Mittelpunkt des Online-Spiels steht Nils Erdel, der in der ersten "Wilsberg"-Folge als Verdächtiger mit Hang zu Verschwörungstheorien eingeführt wird. Wenige Wochen später steht er schließlich selbst im Mittelpunkt eines mysteriösen Mordes. "Das interaktive 'Wilsberg'-Projekt führt die Handlung zwischen beiden Filmen im Internet und in der Realität einfach weiter", erklärt "Wilsberg"-Redakteur Martin R. Neumann.

Im Zentrum steht der fiktive Blog www.101bielefeld.de, den die Figur Nils Erdel betreibt - er soll eine Brücke zwischen beiden Filmen bauen. Erdel greift die Theorie auf, dass es die Stadt Bielefeld in Wirklichkeit gar nicht gibt und beginnt seine Recherchen zur sogenannten Bielefeld-Verschwörung. Von diesem Moment an sind die Zuschauer gefragt, die Hinweise für die scheinbare Verschwörung liefern können und Rätsel lösen sollen, die ihnen das Schicksal des Nils Erdel näherbringt. Die Bielefeld-Verschwörung ist dabei übrigens kein Scherz, denn in Wilsbergs Heimatstadt und deren Umgebung ist die Annahme, dass es Bielefeld nicht gibt, zu einer Art Running Gag geworden.

Einige Minuten Zeit benötigt man für die Online-Spielerei am Tag - der Zeitaufwand der interaktiven Spieler hält sich also in Grenzen. "Man kann den zweiten 'Wilsberg'-Film verstehen, auch wenn man sich in den Wochen dazwischen nicht an dem Internet-Projekt beteiligt hat", erklärt Benjamin Gögge aus der Hauptredaktion Fernsehspiel des ZDF gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. Die eingefleischten Krimi-Fans, die "Wilsberg" auf herkömmliche Weise konsumieren, will man schließlich nicht verlieren. "Man hat allerdings die Möglichkeit, selbst Teil der Handlung zu werden, indem man mit einer ordentlichen Portion Vorwissen in den zweiten Teil geht."

Das Konzept des Spiels ist jedenfalls einfach: Jedes gelöste Rätsel führt die Mitspieler zu einem weiteren Puzzleteil. Erst kurz vor Ausstrahlung der zweiten "Wilsberg"-Folge geben die einzelnen Teile schließlich einen entscheiden Hinweis, sodass sich der Kreis zwischen den Filmen und dem Zwischenspiel schließt. Eine Auswirkung auf die Handlung des Films hat das Online-Spiel damit nicht - anders als etwa beim Projekt "Dina Foxx", das im vergangenen Jahr vom ZDF veranstaltet wurde. Stattdessen wurde das "Wilsberg"-Projekt so angelegt, dass es sich auch als "Lean-Back"-Möglichkeit erweisen kann. Anders ausgedrückt: In einer Variante lassen Videos und Blogeinträge Rückschlüsse zu, welche Beweise Nils Erdel mit seinen Unterstützern sammelt und was den Verschwörungstheoretikern widerfährt.

Letztlich ist das jüngste "Wilsberg" deutlich weniger aufwändig als etwa das Drehbuch-Projekt "eScript" aus dem Jahr 2001. Damals wurde Teilnehmern wöchentlich eine Aufgabe gestellt, bei der es um die Ausgestaltung von konkreten Filmszenen ging - letztlich gingen mehr als 7000 Beiträge ein. Ein spannendes Projekt, für das es schließlich sogar den Grimme Online-Award gab. Und doch erwies es sich als sehr zeitintensiv. Mit der "Bielefeld-Verschwörung" hat das ZDF jedenfalls andere Teilnehmer im Blick. Erreichen will damit auch ältere Zuschauer, sagt Gögge. Dass sich die große Masse an dem Projekt beteiligen wird, ist aber wohl kaum anzunehmen.

Genaue Zahlen, wie viele User man sich für das Internet-Intermezzo erhofft, will der ZDF-Mann allerdings nicht nennen. "Wir werden ganz sicher jüngere Nutzer haben als im Fernsehen, aber letztlich geht es auch darum, neue Ansätze für die Verknüpfung beider Medien zu finden." Der Humor, den "Wilsberg" auszeichne, eigne sich geradezu perfekt, um ein derartiges Projekt mit der kuriosen Bielefeld-Verschwörung umzusetzen. Ob es ein Erfolg wird, bleibt natürlich abzuwarten. Doch Gögge sagt, dass bereits weitere interaktive Projekte in Planung sind. Daran wird auch Internet-Muffel Georg Wilsberg nichts ändern.