Frau Ackermann, wie groß ist der Sprung von der RTL-Dramedy zur Disney-Kinderserie?
Die Herausforderung ist eine andere, aber sie ist genauso groß. Da es meine erste Kinderserie ist, bin ich – gemeinsam mit unserer Autorin Vivien Hoppe – von Dingen ausgegangen, die uns selbst als Kinder fasziniert haben. Bei meinem ursprünglichen Serien-Pitch für Disney habe ich mich an die Abenteuer der alten Weihnachtsserien aus meiner Kindheit erinnert. Ich mochte immer Geschichten, in denen Kinder die Helden sind und nicht immerzu von Erwachsenen geleitet werden. Solche Abenteuermomente spielen jetzt auch für "Binny und der Geist" eine große Rolle.
Und was genau ist nun die größte Herausforderung an einer Kinderserie?
Das ist sicher das Casting. Dafür habe ich wieder mit Daniela Tolkien zusammengearbeitet, die auch schon "Doctor's Diary" und "Doc meets Dorf" gemacht hat, aber eben auch viel Erfahrung mit Kinderfilmen wie "Wickie", "Das kleine Gespenst" oder "Die Vampirschwestern" hat. Das war für mich das Spannendste an der Sache – die richtigen Kinderdarsteller zu finden und ihnen die Serie quasi anzuvertrauen. Wir haben sie vor und während der Dreharbeiten intensiv schauspielerisch gecoacht und inhaltlich begleitet.
Eine Zusammenarbeit mit Disney gilt für Produzenten einerseits als Ritterschlag, andererseits unterwirft man sich strengen Restriktionen. Wie viel von dem kreativen Spielraum, den Sie sonst gewohnt sind, mussten Sie abgeben?
Ich empfinde die Zusammenarbeit als sehr angenehm und professionell. Die Disney-Kollegen haben natürlich ganz klare Regeln und wissen genau, was sie für ihre Marke wollen und was nicht. Wenn man mit ihnen so intensiv zusammenarbeitet, versteht man, wie sie es geschafft haben, diese Marke so stark zu machen. Ich finde, wir haben es gemeinsam geschafft, trotz bestimmter No-Gos eine originäre Geschichte zu erzählen, die sich durchaus etwas traut und die Kinder überrascht. In diesem Segment ist es ziemlich ungewöhnlich, eine Kinderserie mit einer starken horizontalen Handlung zu erzählen. Und für Disney ist eine Serie, die komplett on location gedreht wird, sowieso ein Novum. Von beidem haben sich die deutschen und internationalen Disney-Kollegen überzeugen lassen.
Wie hart mussten Sie ringen? Immerhin waren zahlreiche Disney Channels aus Europa, Nahost und Afrika als Co-Auftraggeber mit im Boot.
Fairerweise muss ich sagen, dass meine deutschen Partner bei Disney ganz oft an meiner Seite gerungen haben, wenn es mal etwas zu ringen gab. Es war sicher hilfreich, dass wir den Piloten ursprünglich als rein deutsche Auftragsproduktion entwickelt hatten und dass die anderen Länder dann aufgrund des erfolgreichen Piloten eingestiegen sind. Damit ist natürlich umso mehr Abstimmungsbedarf verbunden – und nicht alles, was in einem Land geht, ist auch überall sonst erwünscht. Da bekommt man in jedem einzelnen Entwicklungsschritt, vom ersten Exposé bis zum fertigen Drehbuch, ziemlich viele Anmerkungen.
Zum Beispiel?
Bei Disney darf man nicht "Oh Gott!" sagen. Da man nicht eine Religion und Lebensanschauung der anderen vorziehen will, nennt man am besten gar keine. Die Auswahl an Wörtern, die man verwenden darf, wenn sich jemand ärgert, ist stark eingeschränkt. Es gibt eine Folge, in der ein Pupskissen eine wichtige Rolle spielt. Ich glaube, dazu hatten wir an die hundert Mails mit dem Betreff "Pupsen". (lacht) In einigen Ländern ist so etwas halt schwierig. Von einem anderen Strang, den wir sehr mochten, mussten wir uns leider verabschieden: Binnys Mutter sollte eigentlich aus Versehen inhaftiert werden und große Freude daran haben, die Nacht im Gefängnis zu verbringen, weil sie so mal wieder etwas Zeit für sich hat. Wenn man drüber nachdenkt, kann man verstehen, dass bei unberechtigtem Freiheitsentzug nicht jeder Spaß versteht.
Sie klingen eher belustigt, als dass Sie sich wirklich eingeschränkt gefühlt hätten...
Stimmt, ich habe das nicht so sehr als Einschränkung empfunden. Man muss sich mit solchen Regeln einfach auseinandersetzen und meistens versteht man dann ja auch, warum sie Sinn machen. Das Schöne ist: Irgendwann haben Vivien Hoppe und ich angefangen, klangvolle Fantasieworte für manchen problematischen Sachverhalt zu entwickeln.
Dann sind Sie also auf den Geschmack gekommen, was Kinderfernsehen angeht?
Ich freue mich, dass ich endlich mal was produziert habe, was meine fünfjährige Tochter demnächst gucken kann. "Doctor's Diary" und "Doc meets Dorf" durfte sie unter keinen Umständen sehen – dafür habe ich gesorgt. (lacht) Ich hoffe natürlich, dass es mit "Binny und der Geist" weitergeht. Allerdings bleibe ich auf jeden Fall auch den Serien für Erwachsene treu.
Frau Ackermann, herzlichen Dank für das Gespräch.