Sie sagten, Sie haben einen guten Riecher. Woher haben Sie den? Aus Ihrer Zeit als ProSieben-Auslandskorrespondent in Jerusalem?
In gewisser Weise schon. Als Korrespondent ist man darauf angewiesen, dass jemand freiwillig über sich selbst Auskunft gibt und er selbst bleibt, wenn die Kamera läuft. In der Doku brauchen wir kernige Typen, die wir als Zuschauer packen können. Es müssen Typen sein, die wir eher mögen als ablehnen, die aber trotzdem polarisieren können.
„Eher mögen als ablehnen“ – Können Sie das näher erklären?
Jeder Mensch hat wunderbare Charaktereigenschaften. Die muss ich offen legen. Bei Daniela sind das ihr großer Mut und ihr unbedingter Ehrgeiz. Das verschafft Respekt – ob man sie mag oder nicht. Damit kann man sich auch hervorragend identifizieren. Die Grundvoraussetzung ist aber immer, dass sich jemand zeigt, wie er ist. Das klingt banal, ist aber gar nicht so leicht, denn es gibt viel „du musst“ und „du sollst“ im Leben – und wir verlernen, unsere Emotionen so zu zeigen, wie wir uns fühlen. In diesem sozialisierten Einheitsbrei müssen wir dann die Typen rausgreifen, die sich offensichtlich nicht daran halten. Daniela Katzenberger zeigt ihren Unmut unmittelbar. Das kann man ihr im Gesicht ablesen bevor sie den Mund aufmacht.
Und wie wird dann polarisiert?
Um zu polarisieren muss man einfach nur über eine Grenze schreiten. Wie Daniela mit ihrer Mutter umgeht, regt ältere Zuschauerinnen auf. Männer finden sie unattraktiv, weil sie immer rülpst. Bei der „Bunte“-Blattkritik war sie despektierlich gegenüber Paul Sahner und hat ihn angegriffen für die Fragen, die er ihr gestellt hat. Sie nimmt einfach kein Blatt vor dem Mund. Dafür lieben sie die Leute, dafür hassen sie sie aber auch.
Wie sehen die nächsten Schritte mit Daniela Katzenberger aus?
Ich möchte gerne auf der Grundlage ihres Buches einen Kinofilm über ihr Leben produzieren – nicht als Doku, sondern mit Schauspielern. Auch das kann wieder Thema bei „Natürlich blond“ sein, inklusive Casting. Ich brauche nur noch einen Kinoproduzenten, der wie ich daran glaubt, dass so etwas mit 800.000 Fans funktionieren kann. Wie man heute einen Film finanzieren kann, hat „Stromberg“ gezeigt. Und hinter Daniela stehen noch mehr Fans als hinter „Stromberg“.
Wie lange kann man Daniela Katzenberger noch erzählen?
Das ist doch gerade erst der Anfang! Uns geht der Stoff nicht aus, weil wir uns wirklich für Daniela interessieren. Wichtig ist, dass die Geschichten, die wir erzählen, nicht arrangiert werden. Wir zeigen ihre echten Handlungen und lassen sie parallel dazu ihre Motivation und Gefühlslage erklären. Es gibt noch viele große Heldenmotive, die wir nicht erzählt haben – zum Beispiel die Aussöhnung mit der Familie oder die heilige Hochzeit. Selbst so schlichte Ereignisse wie der Geburtstag der Mutter stoßen auf großes Interesse bei den Zuschauern. Die Mutter hat jedes Jahr Geburtstag, und mittlerweile kennen die Zuschauer die Charaktere so gut, dass sie wissen, es könnte wieder Geburtstagszoff geben. Da wird die bloße Ankündigung schon zum Teaser.
Ist das auch der Ansatz, mit dem Sie „Die „Fussbroichs“ ins Fernsehen zurückbringen wollen – jene kölsche Arbeiterfamilie, deren WDR-Sendung als die Mutter aller Dokusoaps gilt?
Die Fussbroichs sind heute so spannend wie damals. Der Zauber war hier ursprünglich auch eine vertikale Erzählung – die Innenschau einer Familie. Um moderner zu werden haben die Macher dann später bei den Inhalten auf verschiedene Aktionen gesetzt – Reisen, Ausflüge und andere Dinge, die nicht aus der Familie selbst kamen. Dabei haben sie vielleicht den Kern des eigenen Anliegens vergessen und man hat dann geglaubt, die Serie sei zu Ende erzählt.