Schon wieder die Adaption einer Film-Reihe? Schon wieder ein ungleiches Ermittlerpaar? Braucht es wirklich auch noch eine Adaption von "Lethal Weapon" (Warner)? Nach Sichtung des Piloten lässt sich sagen: Sie ist wirklich gut gelungen und fesselte sogar die dem Genre der Cop-Action-Serien nicht so zugeneigten Zuschauer. Die Grundlage wird schon in den ersten Minuten gelegt: Den Machern gelingt es, innerhalb kürzester Zeit nachvollziehbar einzuführen, wieso einer der beiden Protagonisten den Draufgänger gibt, während der andere stets versucht, allzu große Aufregung zu vermeiden. Die Hauptdarsteller Clayne Crawford und Damon Wayans spielen überzeugend und ziehen die Sympathien des Publikums auf sich. Die Action ist gut in Szene gesetzt - der Pilot insgesamt stimmig. Als Procedural hat die von Warner produzierte Serie auch schon aufgrund ihres durch das Film-Franchise bekannten Namen das Potential, der von den US-Networks wie deutschen Free-TV-Sendern so händeringend gesuchte nächste Hit zu werden. Dass man trotz ganz ähnlicher Zutaten trotzdem daneben greifen kann, beweist übrigens ebenfalls Warner mit seinem Piloten zu "Training Day" (Warner), den man dank teils ins Absurde überzeichneter Szenen getrost links liegen lassen kann.
2.) Allgemein zu beobachten: Das Free-TV wird wieder selbstbewusster
Allgemein lässt sich beobachten: Die Jahre, in denen die Free-TV-Networks vor allem damit punkten wollten, dass sie die Erfolge der Kabelsender mit kürzeren, edgy Serien mit fortlaufender Handlung kopierten, scheinen schon wieder vorbei. Miniserien sah man bei den diesjährigen LA Screenings wieder seltener als in den letzten Jahren. Stattdessen steht man wieder dazu, dass Procedurals (also relativ abgeschlosssene Episodenhandlungen) tendentiell noch immer das massentauglichere Programm sind, auch wenn Ausnahmen die Regel bestätigen. Die zuletzt häufig zu nischige Herangehensweise – auch unter Verweis auf die in den USA deutlich ausgeprägtere zeitversetzte Nutzung als hierzulande – war in den vergangenen Jahren einer der großen Kritikpunkte internationaler Einkäufer, die angesichts dieser Trendumkehr nun erstmal aufatmen.
Im vergangenen Jahr waren die Networks verliebt in Arzt-Geschichten, in diesem Jahr stehen (Staats-)Anwälte im Mittelpunkt. Während Katherine Heigl bei CBS mit "Doubt" (CBS) offenbar in die Fußstapfen des gerade beendeten „The Good Wife“ treten soll, dabei aber seltsam unemotional bleibt, liefert Sony mit "Notorious" (Sony) eine Serie mit deutlich mehr Tempo und Twists. Sie läuft bei ABC im Shonda-Rhimes-Sandwich und erinnert von der Machart her tatsächlich stark an die Shonda-Produktionen. Im Mittelpunkt: Ein gewiefter Anwalt und die Produzentin einer News-Show, die im Hintergrund gemeinsam die Strippen ziehen und sich bei Fällen gegenseitig helfen. Die Serie wirft ein interessantes Schlaglicht darauf, wie geschickt die Öffentlichkeit in aufsehenerregenden Prozessen durchs Fernsehen und geschickte Medien-Arbeit beeinflusst wird. Die Erfolgs-Chancen in Deutschland dürften auch mit Blick auf die Quoten von Serien wie "Scandal" allerdings leider begrenzt sein.
Aus dem Anwalts-Bereich kommt auch die wohl schrägste Comedyserie der kommenden Season: "Trial & Error" (Warner). Ein junger Anwalt aus New York (Josh D'Agosto) reist in dieser im Stil einer Mockumentary gedrehten Serie für seinen ersten großen Fall in eine kleine Stadt im Süden der USA, wo er einen exzentrischen Professor verteidigen soll, der des Mordes an seiner Frau angeklagt wird. Die Serie besticht vor allem durch ihr so skurriles wie liebenswertes Ensemble. Etwa der Angeklagte (gespielt von John Lithgow), der die zweifelhafte Gabe hat, sich immer wieder selbst in ein schlechtes Licht zu rücken. Oder das Verteidigungs-Team, in dem insbesondere die unter allerlei Problemen leidende Assistentin, gespielt von Sherri Shepherd, heraussticht. Eines ihrer Probleme: Sie lacht an den unmöglichsten Stellen – und das ähnlich ansteckend wie die „Chewbacca-Mom“ von YouTube. „'Making a Murderer' can be funny“, schreibt NBC über die Serie. Das kann man nur doppelt unterstreichen.
Allgemein hat sich die Zurückhaltung in Sachen Sitcoms der vergangenen Jahre wieder etwas gelegt. Neben "Trial & Error" ist dabei "The Great Indoors" (CBS) einer unserer Favoriten nach einer Woche der Screenings in LA. Joel McHale spielt darin den Reporter eines Adventure-Outdoor-Magazins, der plötzlich zum Büro-Job verdonnert wird, weil das Print-Magazin eingestellt wird. Nun muss er sich mit Nerds aus der Online-Redaktion herumschlagen. Besonders sehenswert wird die Serie vor allem durch Stephen Fry, der eine gute Portion britischen Humor in die Multicamera-Sitcom bringt. Nicht wirklich vom Hocker rissen uns hingegen "Kevin can wait" (Sony) mit Kevin James und "Man with a Plan" (CBS) mit Matt LeBlanc. Kevin James kopiert sich selbst und „King of Queens“ – was zwar solide, aber ebensowenig neuartig und originell ist wie die Geschichte von Matt LeBlanc, der sich plötzlich um seine Kinder kümmern muss, als seine Frau nach 13 Jahren wieder beginnt zu arbeiten. Weitgehend Joke-less ist leider die Pilotfolge von "Powerless" (Warner), die erste Sitcom aus dem DC-Comics-Universum. Ein paar Superhelden-Szenen können das kaum rausreißen.