Foto: PhotocaseWenige Monate nach seinem Weggang vom ZDF kritisiert Auslandskorrespondent Ulrich Tilgner erneut die deutsche Auslandsberichterstattung und seinen ehemaligen Arbeitgeber. In einem Interview mit dem "Tagesspiegel" sagte der Journalist: "Ich möchte keinem redaktionellem Druck nachgeben, der Konzessionen bedeutet, die ich nicht mehr eingehen mag. Diese Grenze ist beim ZDF an einigen Punkten verschwommen".

Die Skepsis der deutschen Redaktionen gegenüber Tilgners Kritik an deutscher Politik in Kriegs- und Krisenregionen wie zum Beispiel Afghanistan gehe in die Richtung von vorauseilendem Gehorsam, so Tilgner. Kritik werde von den Kollegen "zu leicht als Nörgelei" gewertet, "statt sie aufzugreifen und verstärkt für das Programm zu nutzen".
 

 
Als Trend erkennt Tilgner, dass prominente Gesichter des Programms verstärkt auch aus dem Ausland berichten, so wie "Heute Journal"-Moderatorin Marietta Slomka, die  kürzlich in China unterwegs war. "Sie treten immer häufiger vor Ort auf, aber nicht um Erfahrungen zu sammeln, sondern um ihre Omnipräsenz zu verstärken", so Tilgner.
 
Die Arbeitsbedingungen in der Schweiz empfindet der Journalist als angenehmer. So sieht Tilgner für seine Arbeit große Vorteile in der Schweiz, da die Außenpolitikredakteure dort "feinfühliger" seien. "In den Redaktionen bestimmen nicht, wie es in Deutschland üblich wird, Kollegen die nur bedingt sachkundig sind", sagte Tilgner dem "Tagesspiegel".
 
Zudem unterlägen die Schweizer Kollegen wegen der Neutralität des Landes nicht dem "Formierungszwang eines Nato-Staates". So stünde man in Schweiz Veränderungen in Afghanistan offener gegenüber und sei eher bereit, Fehler westlicher Politik zu erkennen.