Bild: ARD / GaboIm Fernsehgeschäft und im Speziellen bei der ARD liegt einiges im Argen. Man kann sich dieses Eindrucks nicht verwehren, wenn man sich anhört, was Jörg Pilawa zu erzählen hat. Pilawa ist einer der Marathon-Männer der ARD und hatte schon im vergangenen Dezember in einem Gespräch mit der "Bild am Sonntag" nicht an Kritik an der ARD gespart. Vier Monate später legt er nach: Im DWDL.de-Interview spricht Moderator Pilawa über Programm und Organisation bei der ARD und erklärt die Dominanz des Fernsehens für beendet.

"Die Zeit der großen Fernsehevents ist vorbei. Fernsehen ist ein Nebenbei-Medium geworden", stellt Pilawa fest und ergänzt: "15 Millionen Zuschauer kriegen wir nicht mehr". Er fordert eine Anpassung an die "neuen Gegebenheiten" und die Produktion von Programmen, "in die der Zuschauer jederzeit reinkommt". Hart ins Gericht geht er auch im Speziellen mit ARD und ZDF: "Das öffentlich-rechtliche Fernsehen muss sich eingestehen, dass es manche Zuschauer gar nicht mehr erreichen kann."

Die Mittel, mit denen ARD und ZDF dies derzeit dennoch probieren, verwundern Pilawa sehr. Im Vergleich zum Fernsehen vor zehn Jahren sagt er: "Damals haben sich die Privaten Gedanken gemacht, wie sie Zuschauer von den Öffentlich-Rechtlichen rüberholen können. 2008 ist es umgekehrt. Da hat sich eine 180°-Drehung vollzogen, die ich nicht gutheiße." Er kritisiert die Einkaufstour bei den Privaten und Programmentscheidungen wie "Bruce". Pilawa: "Trotz der gigantischen Werbekampagne ist die Sendung nicht mal ansatzweise angekommen."
 


"Wenn ich bemerke: Ich kann eine Sendung in der ARD nur schlechter kopieren als sie ein Privatsender macht, dann muss ich es sein lassen," mahnt der ARD-Moderator. Die Öffentlich-Rechtlichen dürften eben nicht so konsequent trashig daherkommen wie die private Konkurrenz. Pilawa: "Also sollten sie ihre Finger vom Trash lassen." Sendungen wie "DSDS" oder das Dschungelcamp seien außerordentlich erfolgreiche Formate, die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht möglichen seien. Pilawa: "Finger davon! Gar nicht erst versuchen!"

Dass öffentlich über ein internes Papier zur Beurteilung von Anne Wills neuem Polittalk am Sonntagabend diskutiert wird, verübelt Pilawa den Journalisten nicht. "Die Medienjournalisten müssen zur ARD schon gar nicht mehr recherchieren, weil jede wichtige Information automatisch durch irgendein Leck dringt", sagt Pilawa im DWDL.de-Interview. "Da existiert nicht einmal der geschützte Rahmen einer Redaktions- oder Gremiensitzung, in dem man angstlos diskutieren kann."

Und mittendrin in der Abrechnung mit der ARD und dem deutschen Fernsehen lässt Pilawa noch eine weitere Aussage mit Sprengkraft fallen. Bezogen auf seine Absage der Moderation der "NDR Talkshow" betont er beiläufig: "Ich kann aufhören." Es wäre bitter für die ARD, wenn sie einen ihrer schärfsten internen Kritiker, aber eben auch erfolgreichsten Moderatoren verlieren würde.
 
Das komplette Wortlaut-Interview mit Jörg Pilawa lesen Sie am Montag beim Medienmagazin DWDL.de. Der Moderator und Produzent spricht darin u.a. auch über Grimme-Preisträger, frustrierte Medienjournalisten und sein Verhältnis zu "Bild"-Kolumnisten Franz-Josef Wagner.