Wenn man an Literatursendungen im deutschen Fernsehen denkt, denkt man zunächst einmal an Marcel Reich-Ranicki und sein "Literarisches Quartett". Fast 400 Bücher wurden darin bis 2001 besprochen, im Jahr 2005 folgten schließlich noch zwei Sonderausgabe anlässlich Friedrich Schillers 200. Todestages und des 50. Todestages Thomas Manns. Seither wurde es im deutschen Fernsehen etwas still um Reich-Ranicki. Bis zum 11. Oktober 2008.
Beim Familientreffen der Fernsehbranche, dem Deutschen Fernsehpreis, sorgte der streitbare Literaturkritiker für einen Eklat, der die Presselandschaft über Tage hinweg mit Meldungen versorgte. Eigentlich war der Anlass ein feierlicher: Der damals 88-Jährige sollte mit dem Ehrenpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden, doch nach minutenlangem Applaus geschah das, womit wohl niemand rechnete. "Ich nehme diesen Preis nicht an", sagte Reich-Ranicki und betonte, nicht in die Reihe der Preisträger zu gehören.
Vielleicht hätte er dies früher sagen müssen, räumte der 88-Jährige noch ein, aber: "Ich habe nicht gewusst, was mich hier erwartet. Ich finde es schlimm, dass ich das hier viele Stunden ertragen musste. Diesen Blödsinn, den wir hier zu sehen bekommen haben." Und er legte nach: "Wäre der Preis mit Geld verbunden, hätte ich das Geld zurückgegeben. So kann ich nur diesen Preis zurückgeben." Sein Statement zum allgemeinen Zustand des deutschen Fernsehen: Es gebe zwar ab und an gute Sendungen bei Arte, aber selbst 3sat sei nicht mehr das, was es mal war.