Das ZDF baut die Marktführung noch weiter aus
Seit 2012 ist das ZDF nun schon Marktführer unter den TV-Sendern, daran hat sich auch im Jahr 2020 nichts geändert, ganz im Gegenteil: Die Mainzer konnten ihren Vorsprung nochmal weiter ausbauen. Während Das Erste seinen Marktanteil lediglich stabil hielt, legte das ZDF um 0,6 Prozentpunkte auf nun 13,6 Prozent Marktanteil zu - und das, obwohl die eigentlich für dieses Jahr eingeplanten Sport-Großereignisse Olympia und Fußball-EM ja bekanntlich gar nicht stattfanden. Das bringt auch den netten Nebeneffekt mit, dass man nun 2021 auf diese Quoten-Highlights bauen kann.
Wie sehr das ZDF dem Trend zur Fragmentierung, den ansonsten alle großen Sender in den letzten Jahren zu spüren bekamen, trotzt, zeigt der Blick auf die Langzeit-Entwicklung: Seit dem Jahrtausendwechsel gab es nur zwei Jahre, in denen das ZDF einen noch höheren Marktanteil als 2020 erzielte. Geholfen hat dabei in diesem Jahr natürlich unter anderem das große Interese an der Corona-Berichterstattung. Die Nachrichten und Sondersendungen waren insbesondere im Frühjahr und Herbst stark überdurchschnittlich gefragt, mit Markus Lanz bot man die verlässlichste Aufbereitung in Talk-Form am späten Abend und hielt so stets bis in die Nacht die Quoten auf hohem Niveau, während bei anderen Sendern das Programm schon früher ausplätschert - auch das ist ein Grund für das sehr hohe Marktanteils-Niveau des Senders.
In der Corona-Krise fanden zudem auch viele jüngere Zuschauer zu den Öffentlich-Rechtlichen zurück, zumindest im Info-Bereich. Dort legte das ZDF überdurchschnittlich stark um 0,8 Prozentpunkte auf nun 6,4 Prozent Marktanteil zu. Geholfen hat dabei auch die enorme Stärke der "heute-show", die mit dem "ZDF Magazin Royale" nun einen beim jungen Publikum ähnlich starken Begleiter zur Seite bekam. Trotzdem hat das ZDF allgemein weiterhin so seine Probleme, Zuschauer unter 50 Jahren mit seinem linearen Programm zu erreichen, in dieser Rangliste liegt der Sender weiterhin nur auf Rang 6. Entscheidender ist hier aber die Entwicklung der ZDFmediathek - und hier zog die Nutzung dieses Jahr nach ZDF-Angaben sogar um 50 Prozent an.
Neben den Info-Programmen und dem Glücksgriff, den Champions-League-Sieg der Bayern übertragen zu können, liefen im ZDF aber insbesondere auch die fiktionalen Produktionen sehr gut - allen voran die Krimis. Gleich sieben Filme erreichten in diesem Jahr mehr als acht Millionen Zuschauer und damit Werte, die man sonst allenfalls vom "Tatort" gewohnt ist. Bei den Serien belegt das ZDF die ersten sieben Plätze durchgehend, selbst bei den 14- bis 49-Jährigen gehört "Der Bergdoktor" mittlerweile zu den Top 5. Dazu kann das ZDF weiterhin auf einen starken Nachmittag und Vorabend bauen. Größere Problemzonen im Programm hat das ZDF derzeit nicht, wenn man mal von der ausbaufähigen Ausstattung im Show-Bereich absieht. In dieser Verfassung dürfte den Mainzern die Marktführung auf absehbare Zeit niemand streitig machen.
Das Erste: Stark in Frühjahr und Herbst, schwach im Sommer
Ähnlich wie das ZDF profitierte auch Das Erste im Jahr 2020 vor allem vom hohen Informations-Bedürfnis in Sachen Corona, die insbesondere im Frühjahr und gegen Ende des Jahres während der Hoch-Phase der Infektionszahlen und Einschränkungen sehr gut liefen. Anders als das ZDF konnte Das Erste seinen Jahres-Marktanteil trotzdem nicht steigern und verharrte bei 11,3 Prozent beim Gesamtpublikum, also dem historischen Tiefstwert, den der Sender auch schon 2019 und 2017 erreicht hatte. Positiv ausgedrückt heißt das aber auch, dass der jahrzehntelange Abwärtstrend inzwischen von einer recht stabilen Phase abgelöst wurde.
Dass es anders als beim ZDF nicht aufwärts ging, lässt unter anderem auch dadurch erklären, dass der Wegfall der Sport-Großereignisse im Sommer deutlich schlechter kompensiert werden konnte - auch weil das Fundament aus dem Tagesprogramm hier weit weniger stark ist. Im August stand zwischenzeitlich sogar der Fall unter die 10-Prozent-Marktanteils-Marke zu befürchten, der letztlich knapp verhindert werden konnte. Einer der sonst verlässlichen Quotenbringer des Ersten - die Fußball-Bundesliga - tat sich in Zeiten der Geisterspiele zudem in diesem Jahr ebenfalls schwerer - zumindest bei der Free-TV-Aufarbeitung, Sky verzeichnete nämlich weiter steigende Quoten. Verzichten musste Das Erste in diesem Jahr auch auf den Eurovision Song Contest, der sonst ebenfalls nochmal ein Quotenhighlight bei Jung und Alt setzt.
Größtes Quotenzugpferd des Ersten blieb unterdessen der "Tatort" am Sonntag, zudem stieg die Krimi-Liebe der Deutschen im Lockdown weiter an, was sich in weiter steigenden Quoten für die Donnerstags-Krimis niederschlug. Im Serien-Bereich ließ sich Das Erste inzwischen hingegen ein wenig vom ZDF die Butter vom Brot nehmen. Im Show-Bereich macht dem Ersten hingegen niemand etwas vor. Bei den Jüngeren blieb Das Erste unterdessen anders als beim Gesamtpublikum deutlich vor dem ZDF, der Marktanteil stieg bei den 14- bis 49-Jährigen auf 6,9 Prozent an. Betrachtet man mal nur die Jahre ohne Fußball-WM/EM und Olympia, war das der höchste Wert seit 2007. Bemerkenswert auch: Im November und Dezember lag Das Erste hier sogar vor Sat.1, zuletzt gar nur noch 0,3 Prozentpunkte hinter ProSieben. Und: Mit einem Monatsmarktanteil von 8,1 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen war der Dezember der erfolgreichste Monat seit dem WM-Juli 2018.
Quelle für alle Daten in diesem Artikel, sofern nicht anders vermerkt: AGF SCOPE 1.8; Marktstandard: Bewegtbild; vorläufig gewichtete Daten; Tages-MA: Auswertungstyp TV-Zeitintervall; nutzungsbezogen; Sendungsdaten: Auswertungstyp TV; produktbezogen;