ProSieben: Die unüberwindbare 11-Prozent-Marke
ProSieben zeigte sich lange Zeit vergleichsweise immun gegen die Fragmentierung, die den großen Sendern zu schaffen macht. Von 2003 bis 2015 sank der Marktanteil in der Zielgruppe um überschaubare 1,1 Prozentpunkte. Allein im vergangenen Jahr ging's nun aber um einen halben Prozentpunkt auf 10,4 Prozent nach unten. Und auch hier gilt: Die Sport-Großereignisse können das nicht allein erklären, ProSieben lag nämlich nur in einem einzigen Monat (dem April) über dem Vergleichswert des Vorjahresmonats. Und es gelang kein einziges Mal mehr, die 11-Prozent-Marke zu überspringen. Dass der Sender beim Gesamtpublikum wie erwähnt erstmals hinter Vox zurückfiel, ist da schon eher das kleinste Problem in Unterföhring.
Nachdem hier schon mehrfach von den Problemen mit US-Lizenzserien die Rede war, dann trifft das natürlich auch und im Besonderen ProSieben, das sich schon immer stark dieser Programmfarbe verschrieben hatte. Den Platz für US-Sitcoms hat man notwendigerweise aufgrund ausbleibenden erfolgversprechenden Nachschubs zurückgeschraubt, Serien aus anderen Genres funktionierten allerdings auch fast nie. Wie schon in den letzten Jahren folgte auf sehr gute bis ordentliche Auftaktfolgen ein rasanter Absturz. Bei "Akte X" endete der auf einem soliden Niveau, allzu häufig ging's aber tief in den einstelligen Bereich. Erstaunlich oft biss ProSieben dann in den sauren Apfel und hielt an der Ausstrahlung fest - selbst wenn nur noch Marktanteile um 5 Prozent erreicht wurden.
Diese Probleme waren für ProSieben aus Quotensicht gravierender als der Abschied von Stefan Raab, die Lücken im Show-Bereich konnte man etwa mit einem aufgebohrten "Schlag den Star" oder der "Besten Show der Welt" teils füllen - und "TV total" war ohnehin kein Topquoten-Lieferant gewesen.
RTL: Abwärtstrend weiter abgebremst
Auch RTL verlor im Jahr 2016 Marktanteile, das fünfte Jahr in Folge. Doch von den massiven Rückgängen aus den Jahren 2012 bis 2014 ist nichts mehr zu sehen, der Verlust in Höhe von 0,2 Prozentpunkten auf 12,8 Prozent fiel im Gegenteil sehr überschaubar aus, wenn man auch noch bedenkt, dass anders als im Vorjahr der Sommer ja von Fußball-EM und Olympia geprägt war. Doch RTL schaffte es, dazwischen mit "Ninja Warrior Germany" einen neuen Hit zu produzieren und fuhr auch sonst mit seinen Sommerformaten besser als die Konkurrenz.
Daneben lief insbesondere der Jahresbeginn bei RTL besser als im Vorjahr. Die Neuerungen beim Dschungelcamp ließen dort nach der etwas langweilig geratenen Vorgängerstaffel die Quoten wieder steigen, im Umfeld kam auch "Undercover Boss" wieder zu neuem Glanz, "Der Lehrer" legte noch eine ordentliche Schippe obendrauf. Auch mit der Resonanz auf die ungewöhnliche Show "Die Puppenstars" dürfte man bei RTL ziemlich zufrieden sein.
Gute Arbeit machte man auch bei der Revitalisierung des "Jenke-Experiments", das nach einer belang- und erfolglosen Vorgänger-Staffel mit dem Drogen-Selbstversuch neue Höhen erklomm. Zudem gelang es mit dem "Duell der Brüder" ein erfolgreiches Film-Event zu schaffen. "Winnetou" erreichte an Weihnachten auch nochmal über fünf Millionen Zuschauer - konnte diese mit den weiteren Teilen aber nicht halten. Einen Image-GAU erlebte man unterdessen durch Böhmermanns "Verafake": Er warf ein Schlaglicht die fragwürdigen Produktionsmethoden der Kuppelsoaps und das Vorführen von Menschen im Namen von RTL. Die halbgaren Erklärungsversuche machten die Sache nicht besser. Ob das nun der Grund war, dass just in diesem Jahr die Kuppelei-Formate kräftig an Boden verloren, sei dahingestellt - es fiel jedenfalls zeitlich damit zusammen. Vielleicht gibt's ja doch schlechtes Karma.
ZDF verteidigt die Marktführung souverän
Während RTL bei den 14- bis 49-Jährigen die Marktführung problemlos verteidigen konnte, hieß der meistgesehene Sender beim Gesamtpublikum das fünfte Jahr in Folge ZDF. Dank der schon mehrfach angesprochenen sportlichen Großereignisse im Sommer konnte für die Öffentlich-Rechtlichen in diesem Jahr ja nicht viel schief gehen. Und so stieg der Marktanteil des ZDF auch tatsächlich um einen halben Prozentpunkt auf nun 13,0 Prozent. Innerhalb der letzten zehn Jahre gab es nur zwei, in denen das ZDF noch besser dastand - von Fragmentierung ist also bei den Mainzern nicht viel zu sehen.
Der Sport sorgte auch dafür, dass das ZDF bei den Jüngeren kein ganz so trauriges Bild mehr abgab wie noch im vergangenen Jahr. Hier ging's um 0,9 Prozentpunkte auf 6,7 Prozent nach oben. Das Allzeit-Tief aus dem vergangenen Jahr konnte man also klar hinter sich lassen. Doch ob das 2017 erneut gelingt, bleibt abzuwarten. Denn auch in diesem Jahr lag das ZDF in sechs Monaten bei weniger als 6 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen - kein erfreuliches Ergebnis.
Soll man die größte Baustelle im ZDF-Programm benennen, dann ist das wohl der Show-Bereich. Seit dem Ende von "Wetten, dass..?" sucht man dort erfolglos nach einem neuen Hit, die ordentlich laufenden Shows "Quiz-Champion" oder "Das Spiel beginnt" sind da nicht genug. Es wird spannend, ob man 2017 ein erfolgreiches Format für Steven Gätjen finden wird, auf dem in diesem Jahr viele Hoffnungen ruhten, der aber mit mehreren Shows nicht das erhoffte Publikum fand. Größter Glücksfall des Jahres ist hingegen ganz klar "Bares für Rares": Die Trödelshow hat nicht nur dem ZDF-Nachmittag zu neuem Glanz verholfen, sondern auch noch dem Vorabend von ZDFneo.