Bitter: Das Erste verliert trotz EM und Olympia an Boden
Während das ZDF dem Sport sei Dank im Vergleich zum Vorjahr zulegen konnte, unterbot Das Erste das Allzeit-Tief aus dem Jahr 2011 sogar noch knapp um 0,1 Prozentpunkt. Im Schnitt kam der Sender 2012 nur noch auf einen Marktanteil von 12,3 Prozent beim Gesamtpublikum. Wenn im kommenden Jahr auch noch die Unterstützung durch die Sport-Großereignisse wegfällt, droht also ein drastisches weiteres Absacken. In sieben von zwölf Monaten lag der Marktanteil in diesem Jahr schon unter der 12-Prozent-Marke. Immerhin reichte es für einen kleinen Jahresendspurt: Im Dezember wurde mit 12,2 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum der beste Wert seit dem Olympia-Monat erzielt.
Dem Ersten macht dabei unverändert vor allen Dingen der Vorabend Probleme. "Gottschalk Live" erwies sich in der ersten Jahreshälfte in jeder Hinsicht als Desaster, doch auch der Rückbau der Änderungen sorgte im zweiten Halbjahr nicht für den großen Aufschwung. Mit Ausnahme von "Hubert und Staller" laufen die "Heiter bis tödlich"-Serien noch immer schlecht, am Freitag gelang es nicht, ein neues Quiz-Format erfolgreich zu etablieren und zu allem Unglück geht es auch "Verbotene Liebe" immer schlechter.
In der Primetime gibt es hingegen keine wirklich großen Baustellen, zumindest aus Quotensicht. Trotz aller Unkenrufe schlagen sich die Talks am späten Abend mit Ausnahme von "Beckmann" ordentlich, der Serien-Dienstag ist eine Bank, der "Tatort" legte sonntags nochmal eine Schippe drauf, die Filme am Mittwoch können sich ebenfalls sehen lassen. Doch ohne Tag für Tag verlässlich gute Quoten am Vorabend, wird Das Erste die Quoten-Talfahrt kaum stoppen können. Doch die sind bislang nicht in Sicht.
Sat.1: Es kommt noch dicker
Im Oktober 2011 übergab Andreas Bartl die Sat.1-Geschäftsführung an Joachim Kosack, weil er zum Erstaunen einer ganzen Branche das Haus für bestellt hielt - und kam schon zum Amtsantritt nur mit Hängen und Würgen auf 10 Prozent Marktanteil. Im Januar 2012 sollte die 10-Prozent-Marke dann schon zum ersten Mal nach unten durchbrochen werden. Doch wer dachte, von da an könne es doch eigentlich nur noch aufwärts gehen, hat sich getäuscht: "Es kommt noch dicker" - der Name dieses Serien-Neustarts, in den Sat.1 große Hoffnungen gelegt hatte, war für den ganzen Sender Programm.
Zwar konnte sich Sat.1 im Frühjahr zunächst wieder erholen - doch durch die EM fiel Sat.1 im Juni auf nur noch 8,5 Prozent Marktanteil und sollte danach nie wieder die 10-Prozent-Hürde überspringen. Das zeigt sich nun auch im Jahres-Marktanteil: 9,9 Prozent, ein Rückgang um 0,7 Prozentpunkte und damit zum ersten Mal seit den Anfangsjahren des Senders wieder ein einstelliger Marktanteil. Auf der Haben-Seite des Senders stehen Julia Leischiks Vermisstensuche ebenso wie "The Voice of Germany", "Der letzte Bulle" und der neue Krimi-Donnerstag mit "Criminal Minds" - doch ansonsten? Die neuen Primetime-Serien, die so lange auf sich warten ließen, floppten allesamt fürchterlich, bei der vierten traute man sich bislang noch nicht mal, sie auf den Sender zu schicken. Die Show-Hoffnung "The Winner is..." enttäuschte, der Großteil der Dokusoap-Tests auch.
Dass es Sat.1 im zweiten Halbjahr noch deutlich schlechter erging als im ersten, lag auch daran, dass man die Champions League dem ZDF überlassen musste - und sich nun mittwochs besonders schwer tut. Doch Hauptgrund für den Niedergang ist das desaströse Abschneiden im Tagesprogramm. Die Dauerbaustelle am Vorabend konnte nicht geschlossen werden - weder mit einem Gameshow-Versuch, noch mit dem gigantischen Flop "push". Und die einst so starke Daytime liegt inzwischen völlig am Boden. Die Sendeplatz-Rochaden eingesessener Formate wie "Richter Alexander Hold" oder "Zwei bei Kallwass" haben den Quotenverfall sogar noch verstärkt, die Scripted-Reality "Familien-Fälle" ist nicht der erhoffte Erfolg. Während Sat.1 tagsüber bei den Jüngeren schon länger Probleme hatte, kamen durch die Änderungen nun auch noch die Älteren abhanden. Die Folge: Beim Gesamtpublikum erreichte Sat.1 im November nur noch 8,9, im Dezember sogar nur noch 8,0 Prozent Marktanteil - selbst im EM-Monat war es noch deutlich mehr. Auf das gesamte Jahr gerechnet lag der Senderschnitt beim Gesamtpublikum noch bei 9,4 Prozent, 0,7 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Doch selbst das wird 2013 nach aktuellem Stand schwer zu halten sein.