Zuschauer beenden RTL-Höhenflug abrupt
Drei Jahre lang gab es an dieser Stelle nur gute Nachrichten für RTL, immer schaffte es der Dauer-Marktführer aus Köln, noch eine Schippe drauf zu legen. Im vergangenen Jahr schrieben wir auch, dass es schwer wird, das Quoten-Niveau 2012 zu halten, dass RTL einen kleinen Dämpfer aber gut verkraften kann. Nur: Es wurde kein kleiner Dämpfer, sondern ein regelrechter Sturzflug: Von 18,4 Prozent im Vorjahr stürzte RTL auf einen Jahresmarktanteil von 15,9 Prozent in der Zielgruppe. Ohne den stärkeren Jahresbeginn wäre es sogar noch weiter runter gegangen: Im Oktober und November lag der Marktanteil nur noch bei 15,5 Prozent, im Dezember sogar nur noch bei 14,0 Prozent. Auch beim Gesamtpublikum war RTL im Rückwärtsgang: 1,8 Prozentpunkte ging es auf diesmal noch 12,3 Prozent Marktanteil hinab. Im Laufe des Jahres ging's zudem auch hier bergab: Im Dezember waren es nur noch 10,8 Prozent. Damit verlor RTL nach zwei Jahren die Marktführung wieder.
Ein Rückgang um zweieinhalb Prozentpunkte in der Zielgruppe ist gewaltig, er relativiert sich aber etwas in der längerfristigen Betrachtung. Letztlich ist RTL nach den beiden Ausnahmejahren 2010 und 2011 wieder auf dem Quoten-Niveau angekommen, auf dem der Sender auch in den Jahren 2005 bis 2008 lag. Doch gerade mit Blick auf den schwachen Jahresabschluss sollte RTL gewarnt sein: Noch scheint der Abwärtstrend nicht gestoppt. Der designierte RTL-Chef Frank Hoffmann, der im Februar Anke Schäferkordt ablöst, muss also gleich zeigen, was er kann.
Gegenzusteuern ist vor allem deshalb so schwierig, weil es nicht einzelne Formate sind, die im Vergleich zum Vorjahr Zuschauer verloren haben, sondern quasi das gesamte Programm auf breiter Front. Baustellen sind zum Beispiel die Serien-Abende am Donnerstag und Dienstag, bei denen sich im kommenden Jahr erst noch zeigen muss, wie die Neugestaltung funktionieren wird. Massiv an Zuspruch eingebüßt haben auch die beiden Shows "DSDS" und "Supertalent". Sie waren auch 2012 trotz heftiger Verluste noch ein Erfolg - doch viel weiter runter gehen darf es jetzt nicht mehr. Und am Nachmittag haben die Scripted-Reality-Formate schon viel von ihrem Quotenglanz eingebüßt. Für Frank Hoffmann ist all das aber vor allem auch eine Chance: Er übernimmt den Sender in einer Zeit, in der Innovationen wieder möglich sind, ohne als Messlatte gleich die 20-Prozent-Hürde zu haben. Doch sie sind nicht nur möglich, sie sind auch dringend nötig.
ZDF: Dank Sport zum ersten Mal seit 1992 alleiniger Marktführer
Beim Gesamtpublikum gab es 2012 einen neuen Spitzenreiter: Das ZDF. 12,6 Prozent betrug der Marktanteil, ein halber Prozentpunkt mehr als noch 2011, als die Mainzer allerdings auch auf ein Allzeit-Tief gefallen waren. Dass man dieses wieder hinter sich lassen konnte, ist vor allem dem Sport zu verdanken. So trieb die Fußball-EM im Juni den Marktanteil auf 15,5 Prozent nach oben, im August konnte das ZDF außerdem noch von den Olympischen Spielen profitieren. Doch das ZDF lag auch im Herbst über den zugegeben sehr schwachen Werten des Vorjahres. Hier macht sich eine weitere, umstrittene Investition bezahlt: Die Champions League, die das ZDF Sat.1 abgenommen hat, sorgte in der Spitze für über neun Millionen Zuschauer.
Doch auch Markus Lanz trug seinen Teil zum guten Abschneiden bei: Er lockte mit dem "Wetten, dass..?"-Neustart 13,6 Millionen Zuschauer vor den Fernseher. Zuletzt war die Zuschauerzahl zwar bereits wieder unter neun Millionen gefallen, trotzdem darf sich das ZDF einstweilen in der Entscheidung bestätigt fühlen, das Format nach Gottschalk nicht zu den Akten gelegt zu haben. Richtig stark liefen auch andere altgediente Formate: "Stubbe" etwa erstaunte alle mit einem Sprung auf fast neun Millionen Zuschauer, "Aktenzeichen" lief noch besser als im Vorjahr und holt selbst bei den Jüngeren im Schnitt fast 12 Prozent Marktanteil.
Apropos Jüngere: Bei den 14- bis 49-Jährigen konnte das ZDF aus den oben genannten Gründen natürlich ebenfalls zulegen: 0,6 Prozentpunkte ging es auf nun 6,8 Prozent Marktanteil in dieser Altersgruppe nach oben. Das war der beste Wert seit 2008. Trotzdem lag das ZDF noch hinter dem Ersten und deutlich hinter Vox auf dem sechsten Platz. Probleme hat das ZDF - nicht nur bei den Jüngeren - weiterhin vor allem auch im Nachmittagsprogramm, wo weder eine neue Telenovela noch die Neuauflage der "Pyramide" für neuen Schwung sorgen konnten.