In Washington geht es in diesen Tagen um das non-fiktionale Fernsehen. Beim Realscreen Summit treffen sich Produzenten nicht nur aus den USA und tauschen sich mit Sendern über neue Formate und Trends aus. Hier wird gepitcht, wo es nur geht. Jede Pause, jeder Stehtisch, jedes iPad wird genutzt um schnell mal eben fünf Minuten vom nächsten vermeintlichen Superhit zu präsentieren. Und das hat natürlich jeder in der Tasche. Der Realscreen Summit ist kein Platz für Serien, auch nur bedingt für Showformate. Hier geht es um das, was bei uns Dokusoap oder Reality-TV genannt wird, und in den USA das Programm unzähliger Kabelsender in der Sparte füllt, aber auch die großen Networks seit fünf, sechs Jahren als Primetime-tauglich erachten.



Angefeindet wurden Sie dafür, die Factual-Produzenten. Sie würden dem fiktionalen Fernsehen Sendeplätze klauen. Doch die großen Serien, sie gibt es immer noch. Stattdessen sorgte Factual eher für einen Eigenproduktionsboom bei den Kabelsendern - sehr zur Freude zahlreicher, manchmal sogar verblüffend kleiner Produktionsfirmen. Und genau die erhoffen sich hier in Washington den nächsten Auftrag oder Verkauf. Eingefasst wird jedoch dieses permanente Networking auf den Hotelfluren, Konferenzräumen, Bars und Restaurants durch einen Kongress, der launig eröffnet wurde. "Es ist Montagmorgen, also besteht die Chance, dass die meisten von Ihnen noch nüchtern sind", scherzte Robert Debitetto von A&E Networks, einem der Hauptsponsoren der Veranstaltung.

Und kurzweilig sowie erkenntnisreich ging die Eröffnung weiter - das gibt es wahrlich nicht offen bei solchen Branchengipfeln. Zu verdanken war das in erster Linie zwei Panel-Teilnehmern: Thom Beers von FremantleMedia North America und SallyAnn Salsano von 495 Productions, der Produktionsfirma von "Jersey Shore". Salsano weiß, wovon sie spricht. Sie produziert nicht nur Reality-TV. Sie war auch 1996 Teilnehmerin bei "The Real World: Miami". Danach begann eine Karriere als TV-Produzentin. Eine faszinierende Frau, die nach eigener Aussage mit fiktionaler Fernsehunterhaltung nicht viel anfängt: "Ich gestehe: Ich bin die eine, die gerne Realiy-TV und Daytime-Fernsehen schaut."

17 Jahre Erfahrung mündet in interessanten Aspekten innerhalb der Debatte über RealityTV. In der lockeren Eröffnungsrunde warf sie eine Frage in den Raum, die so in der Tat noch nicht oft gestellt wurde. Man finde immer mehr "Reality Talents", die manchmal schneller vor die Kamera geraten als sie es begreifen. Der ganz normale Bürger kann von heut auf morgen zum Star werden. "Wir als Produzenten feiern Sie - und wenn es mal nicht mehr so gut läuft, produzieren wir einfach die nächste Show. Aber diese Menschen bleiben zurück. Einmal berühmt und plötzlich wieder zurück im alten Leben? Das klappt nicht immer", gibt sie zu bedenken. Und auch nicht jeder bleibe dem TV-Zirkus als "famous for being famous" erhalten.