Logo: tazDie "taz" zieht sich aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland zurück: Die Regionalausgabe für "NRW" wird eingestellt. Diesen Entschluss hat der Vorstand am Montagabend gefasst, die Mitarbeiter wurden am Dienstagmorgen über die Einstellung informiert. "Publizisitisch sehen wir immer noch Bedarf für ein alternatives Medium im größten Bundesland, aber unser finanzieller Atem hat einfach nicht gereicht", so "taz"-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch in einer Mitteilung.

Schuld an der Einstellung ist die nach Ansicht des Vorstands unzureichende Zahl an neuen Abonnenten. Mit einer Kampagne unter dem Motto "Sind wir noch zu retten?" hatte die "taz"-NRW in den letzten Monaten versucht, die Abonnentenzahlen zu steigern. Es sei jedoch nicht gelungen, die Zahl der Abonnenten "so zu erhöhen, wie es für einen Weiterbetrieb notwendig gewesen wäre."

In der betroffenen NRW-Lokalredaktion ist der Frust groß. Dort verweist man darauf, in den letzten drei Monaten 815 neue Abonnentinnen und Abonnenten gewonnen zu haben. Allerdings seien davon - wohl aufgrund gleichzeitiger Kündigungen - nur rund 400 vom Vorstand anerkannt worden. Der Vorstand habe der Redaktion angeboten, bis 31. August weiter um Abonnements zu kämpfen. Die Begründung: Eine Eskalation würde dazu führen, den Lesern den Ernst der Lage zu verdeutlichen.


Die Redaktion habe sich aber einstimmig dagegen entschieden, die bedrohten Arbeitsplätze als Druckmittel für die Gewinnung neuer Abonnenten einsetzen. Eine von der Redaktion geforderte Verlängerung der Rettungsaktion bis Ende September, um nach den Sommerferien noch einmal neue Abonnenten zu gewinnen, wurde vom Vorstand ebenso abgelehnt wie weitere Vorschläge zur Rettung der NRW-Ausgabe.

Der 17-köpfigen Redaktion wurde die Kündigung zum 31. August in Aussicht gestellt, noch sei aber keinem Mitarbeiter eine gültige Kündigung zugegangen, heißt es aus dem Betriebsrat der "taz". Der Vorstand kündigte an, umgehend die Verhandlungen über einen Sozialplan aufnehmen zu wollen. Chefredakteurin Bascha Mika hatte der Redaktion gesagt, sie habe auch Verständnis dafür, "wenn die Redaktion sofort die Griffel aus der Hand legen würde".

Genau davon wird die Redaktion dann auch Gebrauch machen: Die letzte Ausgabe der NRW-Ausgabe der "taz" wird bereits am Mittwoch erscheinen. Darin wird die Redaktion sich in einem Schreiben bei ihren Lesern bedanken - und auch ihrem Frust Ausdruck verleihen. "Es liegt allein in der Verantwortung der Geschäftsführung, dass diese Leser nun eine taz ohne NRW-Regionalteil bekommen werden - und dass das bevölkerungsreichste Bundesland nun ohne eine unabhängige und kritische Stimme leben muss", heißt es da unter anderem.

Auf Seite 2: Der Brief der "taz"-NRW-Redaktion an ihre Leser im Wortlaut