Als "Liebesgeschichte in the making" bezeichnete DWDL.de-Chefreporter Torsten Zarges den jüngsten Versuch von RTL-Deutschland-CEO Stephan Schmitter, ProSiebenSat.1 mit ihren Inhalten zu RTL+ zu locken - ein überraschender Move, war es bislang doch ProSiebenSat.1, das über Jahre hinweg nicht müde darin wurde, Einladungen auszusprechen, mit dem Ziel, die Kölner Konkurrenz zu Joyn zu locken.

Beim TV-Gipfel der Medientage München war es nun an Inga Leschek, Stärke zu zeigen. Und schnell wurde klar: Nach einer zukunftsträchtigen Romanze sieht es nicht aus. RTL+ belege laut AGF den ersten Platz im Streaming, rechnete sie vor und verwies stolz auf 5,6 Millionen Abonnenten, "fünf bis sechs Mal so viele wie Joyn", so Leschek, Chief Content Officer bei RTL Deutschland, um dann deutlich zu werden: "Wir sind immer auf der Suche nach sinnvollen Partnerschaften, aber sinnvoll in unserem Sinne."

Mit RTL+ sei man in der Lage, den Inhalten von ProSiebenSat.1 eine eine größere Reichweite zu geben. "Umgekehrt sehen wir überhaupt keinen Sinn, unsere Inhalte auf Joyn zu stellen. Denn was hätten wir davon?", fragte sie. Eine konkrete Antwort darauf gab Henrik Pabst, Chief Content Officer bei der Seven.One Entertainment Group, zwar nicht, machte aber deutlich, sich an den scharfen Tönen aus Köln zu stören. "Ich halte nichts von solchen öffentlichen Diskussionen", sagte er. "Wenn man über Partnerschaften spricht, dann sollte man sich mit den richtigen Personen an einen Tisch setzen."

Weiter als mit RTL sind offenbar die Verhandlungen von ProSiebenSat.1 mit den Öffentlich-Rechtlichen vorangeschritten. "Ich hoffe, dass wir die guten Gespräche, die wir miteinander haben, schnell zu einem guten Ende bringen", erklärte Pabst in Richtung der ARD-Programmdirektorin Christine Strobl, die ebenfalls an der Diskussion teilnahm.

Vom Erfolg von Joyn, das vor allem auf kostenlose Inhalte und Partnerschaften setzt, zeigt sich Henrik Pabst jedenfalls weiter überzeugt - so entfalle schon heute 40 Prozent der Joyn-Nutzung auf Inhalte von Partnern. Joyn sei zudem zuletzt stärker gewachsen als der Markt. "Das zeigt, dass wir auf ein Modell setzen, das eine Zukunft hat", zeigte er sich auf dem TV-Gipfel überzeugt - wissend, dass man noch lange nicht am Ende angekommen ist. Man habe richtige Weichen gestellt, "aber da ist noch ein Weg zu gehen in der Transformation", betonte Pabst.

Ähnlich wie wenige Tage zuvor auf der MIPCOM in Cannes, machte sich der ProSiebenSat.1-Manager auch in München noch einmal dafür stark, vor allem in jene Inhalte investieren zu wollen, die vor allem im Digitalen funktionieren. "Wie viele Inhalte, die kaum Wachstum haben, können wir machen?", fragte er mit Blick auf das Lineare und gab die Antwort gleich selbst: "In Zukunft weniger." Ohnehin seien die Zeiten vorbei, in denen man "mit einer gewissen Mittelmäßigkeit davongekommen" sei. Pabst: "Diese Mittelmäßigkeit dürfen wir uns an keiner Stelle mehr erlauben."

"Wer wachsen will, muss investieren"

Gelassen blickte Katja Hofem auf die Debatte um die Zukunft des Fernsehens. "Unser Erfolg zeigt, dass Streamingmodelle Erfolgsmodelle sein können", erklärte Hofem, Vice President Content DACH bei Netflix, und kündigte weitere Investitionen in deutsche Inhalte an. "Wer wachsen will, muss investieren. Das haben wir in den vergangenen Jahren sehr konsequent gemacht und das werden wir auch weiterhin tun." Dass mit Max nun ein neuer Konkurrent auf den deutschen Markt drängt, bereitet ihr offenkundig keine Sorgen. "Mir ist ein gesunder Markt wichtig und ein Markt, in dem es viele unterschiedliche Modelle und Abnehmer gibt", sagte Hofem. Gleichwohl müsse man den neuen Player aber ernst nehmen.

Katja Hofem © Medientage München Netflix-Managerin Katja Hofem

ARD-Programmdirektorin Christine Strobl übte sich auf dem TV-Gipfel ebenso wie ihre Sitznachbarin in Optimismus - und sparte auch nicht an augenzwinkernden Seitenhieben in Richtung des eigenen Hauses. "Natürlich war das eine schöne Zeit, in der es nur ARD und ZDF gab. Da träumen auch bei uns manchmal noch ein paar Menschen von", sagte sie.

Zugleich zeigte sich Strobl aber davon überzeugt, dass der duale Rundfunk und die zunehmende Internationalisierung auch den Öffentlich-Rechtlichen gut getan hätten. "Das zwingt uns im positiven Sinne, uns weiterzuentwickeln." So habe man es "in einer für die ARD relativ kurzen Zeit" geschafft, eine Mediathek aufzubauen, "die komplett anders aussieht als noch vor drei Jahren". Strobl: "Wir haben komplett neue Möglichkeit zu erzählen, können sämtliche Formen nutzen und sind damit auch noch erfolgreich."

Das alles wiederum sind gute Nachrichten für Marcus Wolter, den Gesellschafter und Geschäftsführer von Banijay Germany, dessen Haus es gerade erst gelungen ist, die Format-Brands "Survivor" und "MasterChef" an Sport1 zu verkaufen. "Die Bedingungen ändern sich ständig", sagte Wolter auf den Medientagen München, doch am Ende gehe es um "große Marken, große Köpfe und eine perfekte Execution". Könne man das bieten, betonte der Produzent, "dann steht die Welt und auch dieser Markt offen".

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