Wir sprechen naheliegenderweise viel über Deutschland, aber wie sieht es eigentlich im US-Markt aus: Wie offen ist der US-Markt in den vergangenen Jahren geworden gegenüber TV-Ideen aus dem Ausland?
Buccieri: Die Haltung hat sich definitiv mit dem Anspruch vieler Kabelsender, den großen Networks Konkurrenz zu machen, geändert. In diesem härteren Wettbewerb zählt nur die Frage, welches Format könnte funktionieren und nicht mehr woher es kommt. Im US-Markt finden sich derzeit Formate aus Südamerika, aus Großbritannien, aus Skandinavien oder Asien. Für uns als internationale Produzentenfamilie ist das gut. Und wir bringen einen weiteren Vorteil mit: Durch die einmalige Verbindung aus Produzent und Sender hier in Großbritannien können wir auch die Erfahrung unserer Senderverantwortlichen mit in den Ring werfen. Das ist für viele Kunden ein großer Mehrwert, wenn sie von den Kollegen der ITV-Sender hören, wie sie unsere Formate oder Produktionen promotet und eingesetzt haben. Dieser Erfahrungsaustausch von Einkäufer zu Einkäufer anstatt Verkäufer zu Einkäufer ist viel wert für unsere Kunden.
Stichwort Skandinavien: Haben Sie eine Erklärung für den Aufstieg dieser TV-Märkte und ihrer Produktionen?
Kromschröder: So wie ich es sehe, gibt es dort einfach mehr Möglichkeiten neue Ideen auszuprobieren. Dort hat man den Mut dazu. In Deutschland gibt es bei den beiden großen privaten Sendergruppen trotz mehrerer Sender ja nicht wirklich Experimentierflächen. Das leisten sich bei uns nur die Öffentlich-Rechtlichen. Das ist weniger risikoreich für die Privatsender aber führt eben dazu, dass weniger TV-Ideen in Deutschland entstehen und mehr importiert wird, wenn etwas im Ausland schon Erfolge vorweisen kann.
Welche Rolle spielen eigentlich klassische Studio-Produktionen? Sind die in Zeiten von Scripted Reality und Dokusoaps aus der Mode? Speziell in der Daytime findet sich ja Derartiges kaum noch...
Kromschröder: In der Primetime mangelt es glaube ich nicht an Studio-Produktionen in Deutschland. Aber in der Daytime wurde der Druck auf die Produzenten eben immer größer, noch billiger zu werden. Vor wenigen Jahren durfte da eine Programmstunde noch 40.000 oder 50.000 Euro kosten. Heute sind wir bei 20.000 Euro und die ersten rufen schon nach noch Günstigerem für 15.000 Euro. Das sind Rahmenbedingungen, die Studioproduktionen in der Daytime unmöglich machen. Eher schon in der AccessPrime. Da gibt es momentan ein gewisses Interesse an Gameshows, was Paul freut, weil ITV Studios da ein großes Portfolio hat und er mich immer wieder fragt, wann ich davon denn mal eine in Deutschland verkaufe. Wir pilotieren da gerade.
Buccieri: Und ich drücke Dir da alle Daumen, Jan. Wir geben jedenfalls die Studio-Shows nicht auf (lacht). Und wenn es in der Primetime auch in Deutschland noch gut läuft für das Genre, dann bin ich froh. Wir haben schöne Formate. Unsere Gameshow „Red or Black“ wurde gerade erst von ITV1 für eine weitere Staffel verlängert und wir freuen uns schon drauf, wenn wir damit im September wieder auf Sendung sind. Mit dem Format glauben wir auch international noch erfolgreich sein zu können.
Sie fahren also optimistisch nach Cannes?
Buccieri: Wir haben sechs neue Serien und neun neue Formate, die wir auf der MIPTV präsentieren. Wir hatten schon ein sehr erfolgreiches Showcase und unsere Produktionstöchter entwickeln sich international sehr erfolgreich. Wir sind ziemlich optimistisch und Jan und ich sehen speziell für unsere beiden Märkte, also den US-Markt und den deutschen Markt, eine große Offenheit für Neues.
Und die letzte Frage. „How to MIP?“ oder: Welche Fehler sollte man in Cannes nicht machen?
Kromschröder: Buchen Sie Ihre Restaurants Monate im Voraus sonst landet man am Ende in sehr zweifelhaften Etablissements mit teurem Essen, das nicht schmeckt. Und immer an Sonnencreme denken. Man glaubt nicht, was für einen Sonnenbrand man auf einer Messe bekommen kann.
Herr Buccieri, Herr Kromschröder, herzlichen Dank für das Gespräch.