Andy Borg machte seine Sache gut. Er wirkte die ganze Sendung über auf angenehme Art und Weise angespannt. Auch hier wieder fiele es leicht, auf die anbiedernde Art, die faulen Witzchen, ja schlicht den Charme eines Schlagersängers, den er versprüht, einzudreschen. Aber er ist nun mal einer. Und da – das muss man ihm zugestehen – keiner der schlechteren. So gelingt es ihm, authentisch zu wirken, in seiner ehrfürchtigen Überwältigung, jetzt tatsächlich im Rampenlicht des Stadl zu stehen und Chef im Ring zu sein. Er singt eines seiner bekanntesten Liebeslieder ("Die berühmten drei Worte") für Zuschauer, die ihre Liebe zum Stadl zu DDR-Zeiten in die Bedroullie brachte, er palavert charmant mit Schlagersängerinnen, was keineswegs schmierig wirkt, da Borg rein optisch schon nicht dem geleckten Klischee seines Berufsbildes entspricht.
Es gibt viele Möglichkeiten, die Lücke auszufüllen, die der Ruhestand von Stadl-Übervater Karl Moik aufreißt. Borg wählt die einzig richtige: Ehrfürchtig nähert er sich Sendung und Publikum. Gibt sich als einer von ihnen, dem man sowohl gute Laune, als auch die Aufregung abnimmt. Er bedankt sich artig beim Team für die freundliche Aufnahme in die Stadlfamielie. Moik übrigens taucht in der Sendung nicht auf – zumindest nicht physisch. Sein Geist ist natürlich stets anwesend, doch in der Sendung beschränkt man sich darauf, den großen Koal einmal aus voller Kehle zu grüßen. Das war’s. Weiter geht’s.
Damit es auch lange weitergeht, hat der Stadl einen Nachwuchswettbewerb in die Sendung integriert. Drei verhältnismäßig junge Künstler treten an, um die Gunst der Zuschauer für sich zu gewinnen. Irgendwo mitten in der Sendung. Ohne großes Tamtam und den üblichen Höhepunkte-Zauber, den man aus anderen Sendungen mit diesen Elementen kennt, kann man für drei Teilnehmer anrufen. Angenehm auch, dass ein Anruf nur 12 Cent kostet. Wie überhaupt die ganze Sendung überaus verbraucherfreundlich geraten ist. Zwar gibt es auch Begleitprodukte, wie die Zeitung Musikantenstadl-Post, oder den Stadlmurmel aus Plüsch. Die Produkte werden aber nur einmal kurz – und es ist wirklich kurz – ins Bild gehalten. Das Schlagerduo „Brunner & Brunner“ wird abmoderiert mit zurückgenommener Stimme und den vorsichtigen Worten: „Wenn ich mich nicht täusche, gehen sie auch wieder auf Tournee.“
Irgendwie alles unangestrengt und sympathisch. Gut, nach zwei Stunden fängt es an sich zu ziehen. Da kann auch Florian „Glücksunterhose“ Silbereisen nicht mehr viel rausreißen, der im Laufe der Sendung immer mal wieder angesprungen kommt, um Borg mit aufgerissenen Augen und schlenkernden Armen zum Akkordeonspielen zu animieren. Und irgendwann hat Borg dann doch eine Lederhose an. Dem Publikum gefällt’s. Mit einer Quote, deren Zielgruppenanteil hier nur der Form halber erwähnt sei (0,47 Millionen; 4,5%), die im Gesamtpublikum aber wieder einmal belegt, dass es für die große Samstagabendshow – und das war der Stadl – ein großes Publikum gibt: 6,6 Millionen Zuschauer ab 3 machten eine Quote von 24,1 Prozent.
Der Stadl ist jetzt die Andy Borg Show, ohne das Andy Borg wirkt, als dränge er sich nach vorne. Gut, die Journalistenbeschimpfung musste nicht sein. Die galt aber nur den Bösen („Schreiberlingen“), die immer wieder behaupten, es gäbe Streit zwischen Andy Borg und Florian Silbereisen. Geschenkt. Eines hingegen ist die Sendung überraschender Weise kaum, zumindest weniger als erwartet: Eine Volksmusiksendung, so wie sie dem Klischee entspringt. Trachten, Jodler und exotische Instrumente kamen verhältnismäßig spartanisch zum Einsatz. Der klassische Schlager dominierte das Geschehen. Und wie Borg in der vergangenen Woche in einem Interview sagte, hätte auch schon Jeanette Biedermann angeklopft, um mal aufzutreten. Was soll man sagen: Reinpassen würde sie in den neuen Stadl.