Als Medienjournalist kann man sich in diesen Tagen nicht beklagen: Selten war so viel los in der Branche. Das Personalkarrussell dreht sich so schnell, dass einem schwindelig wird. Dazu kommen Umstrukturierungen, neue Plattformen, überraschende Verkäufe und manches unerwartete Comeback. Eine Branche in Bewegung, sicherlich mittelbar ausgelöst durch den erweiterten Wettbewerb bzw. neue Marktteilnehmer, aber doch mehr mit sich selbst beschäftigt als man es vor vier Monaten noch vermutet hätte. Man reibt sich im Wochentakt verblüfft die Augen. Egal mit wem man spricht: Allen ist schwindelig angesichts der Vielzahl der Personalien.
Die Branche hatte den Telepool-Verkauf schon wieder vergessen, da rüttelte die Schäferkordt-Personalie alle einmal kräftig durch. Dass schon zum 1. Januar 2019 der bisherige Vox-Chef Bernd Reichart die Thronfolge an der Spitze der Mediengruppe RTL Deutschland antreten würde, war damit klar. Dass Reichart schon zum damaligen Zeitpunkt an einem überraschend schnellen und umfassenden Umbau der Mediengruppe arbeitet, wurde erst Ende Januar angesichts der Vielzahl geklärter Personalien und einer umfassenden Umstrukturierung deutlich.
Danach ging es im Februar Schlag auf Schlag: Max Conze baut die ProSiebenSat.1-Führung um, Herbert Kloiber verkauft die Tele München Gruppe, Finanzinvestor KKR ist zurück im TV-Markt und mit ihr Fred Kogel. Weitere Firmen verlieren recht plötzlich Führungskräfte, ob nun Endemol Shine Germany oder Discovery Deutschland, so dass zusammen mit den vielen Abgängen bei der Mediengruppe RTL Deutschland und auch ProSiebenSat.1 soviele Führungskräfte auf dem Markt sind, wie vermutlich selten.
Fangen wir an mit den Abgängen: Frank Hoffmann, Hans Demmel, Tom Sänger, Jan Kemper, Sabine Eckhardt, Fabian Tobias, Andreas Viek und Oliver Nowotny sind nur einige der gerade ausgeschiedenen Führungskräfte deutscher Fernsehkonzerne bzw. -unternehmen. Das ist genug Personal, um damit einen neuen Sender zu eröffnen (sollte man dies im Jahre 2019 für eine sinnvolle Unternehmung halten). „Auf eigenen Wunsch“ ist - nicht in allen aber vielen - Situationen die schönste Notlüge des Jahres. Manche der genannten Personen sind zunächst einmal für den Wettbewerb gesperrt, bei Anderen wiederum werden Neuigkeiten in den nächsten 14 Tagen erwartet. Aber wer taucht wo auf?
Fred Kogels Comeback, Discovery und ProSiebenSat.1
Das würde auf ein gebündeltes Produktions- und Distributionshaus hinaus laufen, einen „German Champion“ wie die Branche spekuliert - und das unabhängig von den beiden großen Privatsender-Gruppen. Und der bräuchte weitere Führungskräfte. Welche Rolle aber spielt das Broadcasting in einer solchen Strategie? Mit dem Verkauf seiner Tele München Gruppe nimmt Herbert Kloiber auch die schützende Hand über sein profitables Hobby Tele 5. Der Sender dürfte in jetziger Form für einen Finanzinvestor wenig attraktiv sein. Ganz oder gar nicht ist hier die Frage. Ähnliches gilt für die Anteile an RTL II, die zwar Geld einbringen aber aufgrund der Minderheitsbeteiligung keine strategische Perspektive bieten.
Bei der ProSiebenSat.1 Media SE selbst gibt es auch einige neue Personalien, die Fragen aufwerfen. Michaela Tod soll die Entertainment-Sparte zusammen mit Wolfgang Link führen und in ihrer neuen Rolle auch die Werbevermarktung verantworten. Conze holt sie von seinem früheren Arbeitgeber Dyson rüber. Fernseherfahrung hat sie noch nicht, muss aber Fernsehwerbung an den Mann und die Frau bringen. Gegen eine Quereinsteigerin auf dieser Position sprechen die Marktumstände.