Nun ist es also soweit. Das Abendland ist endgültig in Gefahr. Diesen Eindruck kann man jedenfalls erhalten, wenn man sich so manchen Kommentar zur gerade bekannt gewordenen Nominierung von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" für den Grimme-Preis betrachtet. So fragt etwa Iris Alanyali in der "Welt": "Warum ist das Dschungelcamp 2013 preiswürdig?" Kann man machen, wenn es nicht am Ende des Textes ganz wirr würde, weil plötzlich der Tod des langjährigen Moderators Dirk Bach in Zusammenhang mit der Nominierung gesehen wird. "Wenn das Ereignis von Dirk Bachs Tod der Grund für die Nominierung des Dschungelcamp ist, so bekommt, könnte man sagen, sein Tod den Grimme-Preis, ausgerechnet in der Sparte Unterhaltung."
Völlig abgesehen davon, dass dieser Satz ziemlich pietätlos ist, so wird hier ganz nebenbei verkannt, warum das Dschungelcamp im Gegensatz zu vielen anderen Formaten des deutschen Fernsehens eben doch gute Unterhaltung bietet. Damit steht die Autorin des "Welt"-Artikels allerdings längst nicht alleine da. Freilich lässt sich darüber streiten, ob vor laufenden Kameras tatsächlich Kakerlaken und Maden verspeist werden müssen - und doch ist "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" schon alleine deshalb eine wohltuende Ausnahme im TV-Allerlei, weil sich hier, in dieser australischen Enklave, eine sonst oft verbissen mit sich selbst beschäftigte Branche zumindest zwei Wochen lang nicht allzu ernst nimmt.
Beim Dschungelcamp werden all jene Regeln, die sich das Privatfernsehen im Laufe der Jahre angeeignet hat, vorübergehend außer Kraft gesetzt. Die Moderatoren machen keinen Hehl daraus, dass die meisten Prominenten der Kategorie D bis F nur deshalb ins Camp gegangen sind, weil auf deren Konto Ebbe herrscht. Und dem Vorwurf, man kenne ja ohnehin niemanden der "Stars", nehmen sie von Beginn an jeglichen Wind aus den Segeln. Beispiel gefällig? Über den späteren Dschungelkönig Peer Kusmagk ätzten Dirk Bach und Sonja Zietlow vor zwei Jahren, dieser sei doch wie Pension Schlüter. "Aber die kennt doch keiner." - "Eben." Doch aller Gemeinheiten zum Trotz mangelt es der Show nicht an Fingerspitzengefühl, wann immer es denn nötig ist.
Wenn es im Camp dann doch mal persönlich und ernst wird, wird gerne auf unnötige Dramatisierungen verzichtet, wie man sie in Formaten wie "Deutschland sucht den Superstar" oder "Das Supertalent" inzwischen zuhauf gesehen hat. Stattdessen zeugt oft schon die Musik im Hintergrund von allerlei Liebe zum Detail. Mit alledem setzen sich die Kritiker der Sendung natürlich nicht auseinander. Mehr als die Maden scheinen viele von ihnen im RTL-Dschungel nicht zu sehen. Oder nicht sehen zu wollen. Eine differenzierte Auseinandersetzung findet jedenfalls bisweilen gar nicht statt, wie man nun einmal mehr an den Kommentaren zur Grimme-Nominierung eindrucksvoll bestaunen kann. Warum auch? Die gespielte Empörung lässt sich eben viel einfacher an den Mann bringen.