der Freitag"Mittelmaß gibt es in den deutschen Medien schon genug", sagt Jung-Verleger Jakob Augstein über die deutsche Medienlandschaft und hat Recht. Für diese Erkenntnis Applaus zu ernten, ist jedoch einfach. Schwieriger wird es dann schon, danach eine Wochenzeitung zu gestalten, die die eigenen Worte nicht Lügen straft und noch mehr totes Papier mit Belanglosem bedruckt.
 
Augstein hat es geschafft: "der Freitag" macht mit der ersten Ausgabe Lust auf mehr und die Print-Branche jubelt über den Neustart, was in Krisenzeiten umso verständlicher ist. Und doch wird manchem das Lachen noch vergehen: "der Freitag" zeigt zwar, wie eine gute Zeitungs-Innovation aussehen kann. Gleichzeitig jedoch symbolisiert er auch, was sich künftig nicht mehr zu drucken lohnt: Die schnelle Nachricht.

Der "Freitag" ist so auch keine klassische Wochenzeitung. Man erhebt keinen Anspruch darauf die zurückliegende Woche mit all ihren Themen zu besetzen, wenn auch gleich auf Seite 2 sechs maßgebliche Meldungen der vergangenen Woche in einer kompakten Chronik aufgeführt werden. Doch das ist ja gerade bemerkenswert: Manch wichtiges Thema nur klein oder gar nicht zu fahren, andere hingegen groß.
 

 
Man spürt beim Blättern im 32 Seiten-dünnen "Freitag" schnell, dass das Kriterium für die Themenauswahl nicht zwingend deren Bedeutung ist - sondern die Frage, zu welchem Thema jemand etwas zu sagen hat. Schon hier beginnt im Grunde das "Meinungsmedium", an dem Verleger Augstein, Chefredakteur Philip Grassmann und die Redaktion arbeiten: Wichtig ist, worüber diskutiert wird. Wichtig ist, was Meinungen provoziert. Unwichtig hingegen, was schon in kurzer Meldungsform unstrittig ist und ohnehin längst von schnelleren Medien - allen voran dem Internet - vermeldet wurde.

der FreitagDass es aktuell dank Weltwirtschaftskrise, Wahljahr und Weltpräsident Obama gleich mehrere große polarisierende Themen gibt, die auch nicht von heute auf morgen Geschichte sein werden, kommt dem traditionell linken "Freitag" dabei natürlich entgegen. Die Bundestagswahl ist allerdings auch große Herausforderung. Das ehemalige Nischen-Blatt aus dem Osten soll plötzlich ein relevantes Meinungsmedium werden, dass sich trotz linker Ausrichtung nicht in eine Ecke mit der Linkspartei gestellt sehen will. Wobei dies ohnehin nur tun würde, wer dem einfachen Schubladendenken verhaftet ist.
 
Denn egal ob man Grundhaltung oder einzelne Ansichten der "Freitag"-Autoren teilt oder nicht: Zur Information wird den Freitag ohnehin niemand nutzen. Aber als Denkanstoß. Und den gibt er. Egal, ob man Analysen und Thesen nun zustimmt oder Ihnen heftigst widerspricht. Dafür gibt es ja dann die Website, in die sich die Leser mit Kommentaren, Blogs und ganzen Artikeln einbringen sollen. Schon ist eine Diskussion in Gang gesetzt und das Ziel erreicht.