Foto: Grimme InstitutDienstag Abend in Marl. Das Grimme Institut lädt zum "Bergfest" der Jurywoche. Wer ankommt, wird am Empfang farblich markiert. Blau für Information und Kultur, rot für Fiktion, grün für Unterhaltung und orange für die „Marler Gruppe“. Mit dem Bergfest unterbricht das Grimme Institut die mühevolle Arbeit der Jurys, um die 50 Juroren und die für die Fernsehpreise nominierten Macher der hoffnungsvollen Programme miteinander ins Gespräch zu bringen. Damit die Produzenten, Redakteure und Moderatoren den für sie zuständigen Juror auch schnell ausfinfdig machen können, die Farbzuordnung.

Insgesamt 68 Produktionen sind für den begehrten Grimme-Preis nominiert. Noch sind die Jury-Sitzungen nicht abgeschlossen. Das Bergfest ist eine willkommene Abwechslung, denn die Juryarbeit ist nicht leicht. Es wird ferngesehen, beurteilt und vor allem viel diskutiert. „Es gibt einen, der ist sicher durch – ohne jeden Zweifel. Dann gibt es noch sechs bis sieben, die einen kriegen könnten“, gewährt Dr. Richard Precht, stellvertretender Vorsitzender der Jury Information & Kultur Einblick in den Stand der Entscheidung in seinem Gremium.
 

 

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Großen Redebedarf hat auch die Jury Unterhaltung, denn ein klares Kriterium dafür, was unterhält – und für den Preis noch wichtiger: was gut unterhält – gibt es nicht. Ein Großteil der Jury-Arbeit bestehe darin, das Unterhaltungs-Verständnis der einzelnen Juroren abzugleichen und miteinander in Einklang zu bringen, erklärt Gerd Hallenberger, Vorsitzender der entsprechenden Jury im Gespräch mit DWDL.de. "Wenn man näher hinschaut, merkt man sehr schnell, dass diese individuellen Qualitätsbegriffe sehr viel gemein haben. Man muss nur sehr lange reden, um zu merken, wo genau diese Schnittpunkte sind" so Hallenberger weiter.

"Gute Unterhaltung sind Medienangebote, die viele Türen öffnen für eine individuelle Nutzung", nennt Hallenberger, den Minimalkonsens für die unterhaltenden Formate. So könne man zum Beispiel die Sendung "Wer wird Millionär?" schauen, um mittels der Fragen etwas zu lernen, um die Kandidaten leiden zu sehen, oder einfach nur, weil Günther Jauchs Art, die Kandidaten in die Zange zu nehmen, Vergnügen bereite.  Daher ist es auch gut möglich, dass im Wettbewerb um den Grimme-Preis in dieser Kategorie Sendungen wie "Schlag den Raab" (ProSieben) und "Guildo und seine Gäste" (SWR) - eine Talkshow, in der sich Guildo Horn mit behinderten Menschen unterhält - nebeneinander stehen können.

Foto: DWDL.deÄhnliches gilt für die fiktionale Erzählform des Krimis, denn in den äußeren Ablauf der Verbrecherjagd lassen sich sämtliche menschlichen – aber auch gesellschafltich konfliktträchtige – Handlungen einbauen, wie Mario Krebs, Produzent der ZDF-Reihe „Unter Verdacht“ erklärt. Daran mag auch liegen, dass Kriminalfilme stark im Segment der Preis-Kategorie Fiktion vertreten sind. Einen weiteren Grund sieht Werner Ruzicka, der Jury-Vorsitzende Fiktion, auch darin, dass immer mehr Bereiche der Gesellschaft durch wachsendes Misstrauen in  Institutionen kriminalisiert würden. So gebe es derzeit kaum noch Lebensbereiche mit Akteuren, denen man nicht alles zutraue. „Da immer mehr Bereiche der Gesellschaft diskreditiert sind, können sie kriminalisiert und aufgeladen werden und sind damit ein Gegenstand dieses Genres“, erklärt Ruzicka den Niederschlag dieser gesellschaftlichen Tendenz auf den Fernsehfilm.