Die Geschichte von Sky beginnt eigentlich schon zwei Jahre bevor an jenem 4. Juli 2009 über Nacht aus Premiere Sky wurde. Das Vorhaben von Premiere, mit einer neuen Tochterfirma ein Programmpaket voller unabhängiger Pay-TV-Sender unter dem Namen Premiere Sky zu vermarkten, war dem britischen Sky (damals BSkyB) ein Dorn im Auge. Der frisch gekürte Premiere Sky-Geschäftsführer Wolfram Winter hatte sich mit dem europäischen Platzhirschen angelegt. Wer hätte gedacht, dass er zwei Jahre später für Sky arbeiten würde.



Aber bleiben wir im Jahr 2007. Trotz aller Bemühungen und einem aktiven Lautsprecher wie Georg Kofler, der lange an der Spitze von Premiere kämpfte, galt Pay-TV in Deutschland vor gut zehn Jahren immer noch als Sorgenfall. Die Abonnentenzahlen blieben hinter den Erwartungen zurück. Tapfer verwiesen Pay-TV-Veranstalter stets auf die noch viel zu geringe Marktpenetration in Deutschland im Vergleich mit anderen Märkten. Sollte bedeuten: In anderen Ländern abonnieren viel mehr Menschen Pay-TV, das zeige ja, es gebe auch bei uns noch Luft nach oben.

Premiere

Die Marktsituation damals war simpler als heute: Das einzige Bezahlfernsehen, abgesehen von meist eher halbherzig vermarkteten Paketen der Kabelnetzbetreiber, war Premiere. Die kurze Konkurrenz durch Arena war überstanden. Und SVoD steckte noch in den Kinderschuhen. In Deutschland gab es nur Maxdome und das galt als Exot; als Hobby-Projekt der ProSiebenSat.1 Media AG. Alles hing damit an Premiere - und dort lief es nicht gut.

Im September 2007 verließ Georg Kofler, einst Retter des Unternehmens in der Zeit der Kirch-Insolvenz, das Unternehmen. Ihm folgte kurzzeitig Michael Börnicke, der angesichts schwieriger Umstände mit kuriosen Ideen und etwas zu ambitionierten Zielen Schlagzeilen machte: Man könnte überlegen, Sat.1 zu kaufen und mit Premiere in Kürze 10 Millionen Abonnenten erreichen. Nach nur einem Jahr ging Börnicke jedoch schon wieder von Bord. Zeitgleich gab es Berichte über zu hoch angebenene Abonnentenzahlen.

Es war ohnehin das Jahr 2008, in dem die Weichen für Sky Deutschland gestellt wurden: Rupert Murdochs News Corp. übernahm zunächst im Januar 14,58 Prozent der Anteile von Premiere, die bislang Unitymedia gehalten hatte. Im Monatstakt wurde dann aufgestockt, bis News Corp. im November eine Sperrminorität von 25,01 Prozent aufgebaut hatte. Die ging einher mit der Berufung des neuen Premiere-Geschäftsführers nach Börnickes Gastspiel: Mark Williams (Foto) übernahm.

Er war zum damaligen Zeitpunkt Finanzvorstand Europa und Asien der News Corporation von Rupert Murdoch sowie auch schon Mitglied der Geschäftsführung der Sky Italia und bis dato Mitglied des Aufsichtsrats der Premiere AG. Allein personell war das der Beginn der Internationalisierung in Unterföhring. Das strategische Interesse von News Corp. an Premiere war damit zementiert, das Problem jedoch weiterhin: Das Unternehmen war ein Sanierungsfall. „Unter jedem einzelnen Stein, den wir hochheben, liegt unglaublich viel Scheiße", sei ein interner Spruch im Haus, schrieb der "Tagesspiegel" im Dezember 2009.

Mark Williams

Die bekanntgewordene Kosmetik bei den Abonnentenzahlen war für Williams gleich zum Amtsantritt ein Prüfstein. Der Aktienkurs brach ein, die Situation wurde dramatischer. Aus Italien holte sich Williams vertraute Unterstützung nach Unterföhring: Giovanni Brunelli sollte sich um das Kundenmanagement kümmern, Marcello Maggioni wurde Vorstand Marketing & Sales. Vorbei war die Zeit der gemütlichen Zufriedenheit. Ende 2008 war klar: Premiere braucht dringend Geld, wieder einmal. Über Kapitalerhöhungen wurde das realisiert und bescherte News Corp. letztlich noch mehr Anteile an Premiere.

Im Februar 2009 kam dann erstmals das Gerücht auf, News Corp. erwäge das deutsche Pay-TV-Unternehmen markentechnisch auf Kurs zu bringen - und in Sky umzubenennen. Nun ist ein solches Rebranding mit enormen Kosten verbunden, wenn die neue Marke auch auf Anhieb etabliert sein soll. Angesichts der angespannten Finanzlage wurde im Frühjahr 2009 daher von Fachjournalisten und der TV-Branche leidenschaftlich gerätselt, ob man sich angesichts der Umstände wirklich teure Kosmetik leisten kann. Es fehlte - auch uns bei DWDL.de - die Vorstellungskraft, das ein Rebranding des gleichen Produkts maßgebliche Effekte haben würde.

"Mit dem Charme einer theoretischen Führerscheinprüfung" (Zitat DWDL.de von damals) wurde Ende Mai 2009 dann offiziell auf einer Pressekonferenz in München bestätigt: Aus Premiere soll Sky werden, schon wenige Wochen später am 4. Juli. Das Rebranding ging einher mit einer Paketstruktur, die das ganze Angebot neu aufsetzte: Ein Startpaket namens Sky Welt wurde zur Basis für alle Abos, wer z.B. Bundesliga schauen wollte, musste künftig jenes Basis-Paket plus Bundesliga buchen. Erwartungsgemäß - wie bei allen Veränderungen - gab es leidenschaftliche Reaktionen der Kundenbasis.

Am Abend des 3. Juli dann feierte Sky das Rebranding umso gewaltiger: Mitten in München, in der restaurierten aber bis dato leerstehenden Schrannenhalle am Viktualienmarkt, beging man mit Pauken und Trompeten das Rebranding mit mehr als 700 geladenen Gästen. Samuel L. Jackson wurde eingeflogen, Katy Perry performte ihre aktuellen Charthits und mit einer symbolischen Fernbedienung schaltete CEO Mark Williams um - von Premiere zu Sky. Von Wehmut angesichts des Abschieds einer Marke war wenig zu spüren. Ob Sky nun alles besser machen würde? Die Skeptiker waren in der Überzahl, aber ließen sich den Champagner trotzdem schmecken.

Fünf Tage nach dem Angebot wurde auch die Premiere AG zur Sky Deutschland AG, bis Ende März 2010 noch geführt von Mark Williams. Seine anderthalbjährige Führung des Unternehemns wird rückblickend oft vergessen, weil sein Nachfolger Sky Deutschland dann auf die Erfolgsspur führte, doch es war Mark Williams, der den Pay-TV-Zug erst einmal aufs richtige Gleis gesetzt hatte. Er hat das Haus in kürzester Zeit in den Führungspositionen personell erneuert, auf News Corp-Kurs gebracht und in Sky umbenannt.

Brian Sullivan

Er übernahm Premiere am Tiefpunkt und wettete mit dem Segen von Rupert Murdoch durch das massive Investment ins Marketing für die neue Marke Sky darauf, dass Pay-TV in Deutschland mehr als zwanzig Jahre nach Marktstart doch noch zum Erfolg werden kann. Im April 2010 trat dann Brian Sullivan (Foto) an, der in den kommenden Jahren den Anti-Kofler gab: Statt großer Ankündigungen setzt Sullivan auf kleine Schritte. Laut war Sullivan auch nicht, dafür hatte er einen neuen Kommunikationschef: Jenen Wolfram Winter, der das britische Sky drei Jahre zuvor noch geärgert hatte.

Der Start unter der Marke Sky lief zunächst schleppend. Im Quartal 2010 beispielsweise, also ein gutes halbes Jahr nach dem Rebranding, kam Sky Deutschland nur auf ein Netto-Abonnentenwachstum von 1.000 Abos innerhalb von drei Monaten. Die angesichts der neuen Pakete und höheren Preise kündigenden Altkunden wurden zum Problem. Die gerade neu etablierte Marke drohte sich mehr noch als Vorgänger Premiere den Ruf des schlechten Kundenservice einzuhandeln.

Bei einem Gespräch mit DWDL.de in seinem Büro kurz nach dem Amtsantritt brachte Sullivan die damaligen Versäumnisse des gerade umbenannten Sky knackig auf den Punkt:  "Wenn der Kunde anruft, müssen wir halt auch drangehen. Um ehrlich zu sein, habe ich, als ich hier angefangen habe, einen ausbaufähigen Kundenservice vorgefunden." Das ausgegebene Ziel, mit dem Rebranding zu Sky die jahrelang gepflegte und am Ende verhängnisvolle Rabatt-Kultur zu beenden, erhöhte zwar den Umsatz pro Kunden, aber kostete reichlich Abonnenten. Sullivans Strategie: Den Mehrwert von Sky zu betonen und mit neuen Services zu unterfüttern, um die neuen Preise zu rechtfertigen.

Sullivan dachte gerne vom Kunden her. Der gebürtige Amerikaner liebte etwa sein oft vorgetragenes Argument, dass ein Sky-Abo im Monat billiger sei als nur ein Kinobesuch mit der Familie. Er verlor sich gerne in Themen wie Kundenzufriedenheit und führte technische Neuerungen mit Begeisterung vor. Der Aktienmarkt und strategische Ziele rückten dann in den Hintergrund. Dabei lieferte Sullivan stetige Fortschritte. Sky Deutschland war der erste Markt von Murdochs Pay-TV-Imperium, das mit Sky Go eine App für die non-lineare Nutzung einführte - zumindest für iOS. Wer hätte geahnt, dass eine Android-Version noch einmal Jahre dauern sollte.