In Deutschland wird der Rundfunkbeitrag seit 2013 geräteunabhängig erhoben. Das heißt: Auch wer kein Fernsehgerät oder Radio hat, muss zahlen. Dieses Vorgehen wurde zuletzt noch einmal vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Vielen Menschen ist der Rundfunkbeitrag, oder auch nur die Höhe des Beitrags, ein Dorn im Auge. Einige verweigern sogar die Zahlung. Zu den Beitrags-Verweigerern gehörte vor einigen Jahren auch die AfD-Politikerin Beatrix von Storch, die lange nicht zahlen wollte. Schlussendlich wurde ihr Konto einfach gepfändet, auch Politiker müssen den Rundfunkbeitrag zahlen. Diese kleine Anekdote zeigt exemplarisch, wie schwierig das Verhältnis zwischen Öffentlich-Rechtlichen und AfD ist.
Viele AfD-Politiker lassen keine Gelegenheit aus, um gegen ARD und ZDF zu keilen, sie sprechen von "Staatsfunk", "Schweigekartellen" und "Zwangsgebühren". In den Formaten der Sender treten sie aber natürlich trotzdem auf - auch wenn sie zum Beispiel gerne öfters in die Polit-Talkshows eingeladen werden würden (DWDL.de berichtete). Gleichzeitig gibt es inzwischen auch verstärkt Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen, insbesondere an den Talkshows. Diese würden AfD-Themen zu häufig in den Mittelpunkt rücken und den Rechtspopulisten damit überhaupt Aufmerksamkeit verschaffen, so die Kritik.
Für unsere Reihe "Politik und Öffentlich-Rechtliche" haben wir auch die AfD zur Zukunft von ARD und ZDF befragt. Bekommen haben wir wenig überraschend die mit Abstand schärfsten Forderungen aller Parteien. Schon im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 hieß es, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei "viel zu teuer". Er werde "in einer Weise von der Politik dominiert, die einer Demokratie unwürdig erscheint". In dem Programm erklärt die Partei, man wolle das System "grundlegend reformieren". Das heißt konkret: Der Rundfunkbeitrag soll abgeschafft werden. In Zukunft soll jeder Zuschauer selbst entscheiden, ob er das öffentlich-rechtliche Angebot (dann: "Bürgerrundfunk") annimmt. Diese Forderung ist nicht neu, auch die Schweizer "No Billag"-Initiative argumentierte so, scheiterte aber bei einer Volksbefragung recht deutlich.
"Dieses Urteil wird Wellen schlagen, die auf das Bundesverfassungsgericht zurückschlagen."
Martin Renner, medienpolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion über das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag
Im Wahlprogramm hält sich die AfD in ihrer Wortwahl noch zurück und versucht relativ nüchtern darzulegen, was man will. Als das Bundesverfassungsgericht zuletzt den Rundfunkbeitrag bestätigte, sah das schon ganz anders aus. Martin E. Renner, medienpolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, fragte, woher das Gericht "die Chuzpe für ein solches Urteil" nehme. Renner: "Dieses Urteil wird Wellen schlagen, die auf das Bundesverfassungsgericht zurückschlagen. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dagegen wird es nicht aus seiner Legitimationskrise retten. Jetzt wird der Druck zunehmen, den Verpflichteten im Gegenzug echte demokratische Mitwirkungsrechte in den Anstalten einzuräumen - etwa indem wie bei den Sozialwahlen auch Rundfunkräte allgemein gewählt werden." Gegenüber DWDL.de bezeichnet Renner das Urteil als "skandalös".
Der medienpolitische Sprecher der AfD sagt, die deutsche Rundfunkordnung sei "nicht mehr zeitgemäß", weil sie in der Nachkriegszeit entstanden sei. Renner verweist auf das Internet, das heute die Meinungsfreiheit garantiere. "Unter den Bedingungen der Welt von heute ist schon der Begriff ‘Grundversorgung’ obsolet." Renner ist der Meinung, ohne die Rundfunkbeiträge werde alles besser. "Würden sie abgeschafft, gäbe es keinen Grund für die Beschränkungen", sagt er im Hinblick auf den Kompromiss, den Bundesländer, Öffentlich-Rechtliche und Verlage zuletzt in Bezug auf die Online-Angebote getroffen hatten. "Alle Anbieter, ob Öffentlich-Rechtliche oder private Zeitungsverlage könnten Beiträge jeder Länge – schriftlich, bildlich oder Filme, Serien aus ihren Mediatheken – ins Netz stellen wie es ihnen oder den Usern gefällt." Ohne die "Zwangsgebühren" sei auch das Problem politiknaher Aufsichtsgremien obsolet. "Die Öffentlich-Rechtlichen könnten die Besetzung in ihren Satzungen selbst regeln."
"Unter den Bedingungen der Welt von heute ist schon der Begriff ‘Grundversorgung’ obsolet."
Martin Renner
Eigentlich, so Renner, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, um den Rundfunkbeitrag abzuschaffen. Dann könnten sich die Sender verschiedene Angebote schaffen, die dann von den Nutzer abonniert werden. "Solange noch eine Generation zahlreich präsent ist, die mit dem klassischen Fernsehen aufgewachsen ist, ist der Kreis möglicher Abonnenten hinreichend groß. Wenn die Sender um ihre Gebührenzahler wirklich werben müssten, würden sie ihre Akzeptanz sofort herstellen." Sie könnten dann auch Spartenprogramme machen und vermarkten, entsprechende Angebote seien ohnehin ein Trend der Zukunft.
Das der Rundfunkbeitrag aber wohl so schnell nicht abgeschafft wird, weiß man auch bei der AfD. Dennoch würde Renner ARD und ZDF gerne beschneiden, er sieht "Einsparpotenziale an allen Ecken und Enden". Renner meint damit vor allem dem Bereich der Unterhaltung, der auch gerade von anderen Parteien kritisiert wird. "Wenn ARD und ZDF das bestehende System mit dem Argument verteidigen, nur sie böten Informations-, Kultur- und Bildungsfernsehen, dann sollten sie sich eben auf diese Marktsegmente beschränken. Stattdessen investieren sie Unsummen in Kopien von Unterhaltungsformaten des Privatfernsehens und in zweitklassige Vorabendunterhaltung."
Wir haben in diesem Artikel versucht, die Ansichten der AfD in Bezug auf ARD und ZDF objektiv darzulegen. In seinen Antworten sprach Martin E. Renner aber auch von "Volksumerziehung", "Umformung des Bewusstseins des Volkes", "gelenkter Demokratie" und "rot-grün gestrickten Redaktionen". Damit Sie sich selbst ein Bild von den Antworten machen können, haben wir sie auf der kommenden Seite vollständig veröffentlicht.