Hier finden Sie alle Antworten von Martin E. Renner, medienpolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, auf unsere Fragen.
Muss der Auftrag für ein öffentlich-rechtliches Medienangebot in einer vielfältigeren Medienwelt geändert werden? Und wenn ja: Wie?
Ja! Die deutsche Rundfunkordnung ist nicht mehr zeitgemäß. Entstanden in der Nachkriegszeit als Antwort auf die Knappheit der Frequenzen, ist die Grundbedingung dieser Ordnung längst entfallen. Es stehen durch das Internet unzählige Übertragungswege zur Verfügung. Die Verfügbarkeit von Informationen, Sendungen und Programmen ist durch die Digitalisierung prinzipiell nahezu unbegrenzt. Umgekehrt besteht die Möglichkeit für jedermann über socialmedia oder eigene Plattformen Informationen und Meinungen frei zu verbreiten. So garantiert heute das Internet die Meinungsfreiheit. Wenn der Staat hier überhaupt noch eine gerechtfertigte Funktion hat, dann die, Missbrauch und Einschränkungen der Freiheit des Internets zu verhindern.
Unter den Bedingungen der Welt von heute ist schon der Begriff „Grundversorgung“ obsolet. Erst recht, wenn er sich auf Unterhaltung erstreckt. Angesichts des Überangebots an Inhalten und der Einfachheit der Verbreitung ist auch ein staatlicher „Programmauftrag“ weder notwendig noch verfassungsrechtlich haltbar. Spartenprogramme für jede noch so kleine Zielgruppe können heute ohne großen Aufwand beliebig produziert und abgerufen werden. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist auch dafür nicht erforderlich. Im Gegenteil, durch die staatlich garantierten Zwangsbeiträge, die sich auf die unglaubliche Höhe von rund 8 Milliarden Euro pro Jahr aufsummieren, organisiert der Staat eine Marktmacht im Mediensektor und greift so in den Wettbewerb undindirekt in die Informationsfreiheit ein. Jeder staatliche „Programmauftrag“ verstärkt nur diese Wirkung. Das rechtsgrundsätzliche Problem ist aber nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk an sich, sondern es sind die steuergleichen Zwangsbeiträge. Sie machen aus den „Öffentlichen“ eine „öffentliche Gewalt“, der weder eine hinreichend demokratisch legitimierte interne Machtverteilung noch eine adäquate Kontrolle durch das Volk eigen ist. Um das Angebot der bestehenden öffentlich-rechtlichen Sender den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Nutzer anzupassen, bedarf es daher nur der vollständigen Abschaffung der Zwangsgebühren. Alles Weitere regeln die Sendeanstalten dann von allein.
Sechs Bundesländer wollen den Auftrag von ARD und ZDF ändern und den Fokus der Sender auf Kultur, Bildung und Information legen. Wie wichtig ist aus ihrer Sicht der Bereich Unterhaltung?
Gegenfrage: Warum ist ARD und ZDF Unterhaltung denn so wichtig? Unterhaltung ist allgegenwärtig, auf allen Kanälen. Daran herrscht kein Versorgungsmangel. Geht es nur darum, Quoten zu erzielen, um die eigene Relevanz auf dem Medienmarkt zu behaupten? Nein, es geht den Sendeanstalten um viel mehr: Mit „Unterhaltung“ wird in Wahrheit seit Jahren eine politische Agenda verfolgt. Die fast ausschließlich rot-grün gestrickten Redaktionen und die von ihnen abhängigen Produzentennetzwerke arbeiten an der Bewusstseinsbildung ihres Publikums. Genauer gesagt an der Umformung des Bewusstseins des Volkes. Es soll so beiläufig umerzogen werden im Sinne der von ihnen definierten „politicalcorrectness“. Aktuell geht es darum, „Diversität“ zu propagieren und die schöne heile Welt des Multi-Kulturalismus zu beschwören.
Noch jeder „Tatort“ produziert ein gesellschaftliches Feindbild - meist den skrupellosen Unternehmer, das gängigste Täterprofil deutscher Krimiunterhaltung. Die tatsächlich reale Kriminalität in Deutschland wird – obwohl Realität vorgegaukelt wird – geflissentlich ausgeblendet. Unterhaltung dient der Verfälschung der gesellschaftlichen Wirklichkeit zugunsten herbeigewünschter Zustände und der Denunziation der politisch und sozial Missliebigen. Talkshows werden so zusammengesetzt und gelenkt, dass die unerwünschten Meinungen und Ansichten marginalisiert werden können. Vordergründig unterhaltend wird Meinungsformung betrieben und so Politik gemacht. „Infotainment“ hat die klassische Berichterstattung längst ersetzt, weil sich so viel wirkungsvoller Meinung und Stimmung machen lässt.
Würde jetzt der Fokus der Öffentlich-Rechtlichen tatsächlich auf Kultur, Bildung und Information gelegt, so würden die Sender ihrer wirksamsten Mittel zur Manipulation der öffentlichen Meinung beraubt. Wer hat in einer „gelenkten Demokratie“ daran noch ein Interesse?
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben gerade erst eine Reform des Telemedienauftrags beschlossen. Wie bewerten Sie die geplanten Änderungen in Sachen Presseähnlichkeit und Mediatheken (Laufzeiten von bestimmen Produktionen)? Was sollen die Öffentlich-Rechtlichen im Online-Bereich aus Ihrer Sicht künftig (nicht) dürfen?
Die Öffentlich-Rechtlichen drängen mit Macht in den Online-Bereich vor. Hier liegt die Zukunft. Jüngere streamen Serien aus dem Netz, sehen daher kaum noch „fern“. Das klassische Fernseh-Vollprogramm ist wie das Kaufhaus alter Prägung zunehmend ein Relikt der Vergangenheit. Die Beschränkungen für die Öffentlich-Rechtlichen im Online-Bereich sind aber Konkurrenzschutzmaßnahmen für die unter Druck stehenden Printmedien. Anders als die Sendeanstalten müssen diese sich am Markt behaupten. Der Online-Bereich ist ein offener Markt ohne Markteintrittsschranken. Die Öffentlich-Rechtlichen können hier aber mit einem erheblichen Wettbewerbsvorteil ihrer - über die Quasi-Steuern („Beiträge“) - öffentlich gesicherten Finanzierung agieren. Ihr vollumfänglicher Markteintritt würde somit eine unzulässige Wettbewerbsverzerrung bedeuten.
Die Beschränkungen stellen also einen Kompromiss dar. Und der ist im Grunde so verkorkst wie die antiquierte Rundfunkordnung selbst. Die Zwangsgebühren sind das Problem. Würden sie abgeschafft, gäbe es keinen Grund für die Beschränkungen. Alle Anbieter, ob Öffentlich-Rechtliche oder private Zeitungsverlage könnten Beiträge jeder Länge – schriftlich, bildlich oder Filme, Serien aus ihren Mediatheken – ins Netz stellen wie es ihnen oder den Usern gefällt.
Die Aufsichtsgremien von ARD und ZDF sind laut Bundesverfassungsgericht mit maximal einem Drittel Politik-naher Personen zu besetzen. Oft haben aber mehr als ein Drittel einen politischen Hintergrund oder eine entsprechende Vergangenheit. Inwiefern ist das ein Problem? Wäre eine Reform hier nicht ebenso angebracht?
Es ist wieder das gleiche Problem: Ohne die Zwangsgebühren wäre auch die komplizierte staatsvertragliche Regelung der Besetzung von Aufsichtsgremien überflüssig. Die Öffentlich-Rechtlichen könnten die Besetzung in ihren Satzungen selbst regeln.
Ohne Zwangsgebühren gibt es auch nicht die Gefahr eines Staatsrundfunks. Ob als Free- oder Pay-TV-Sender, ARD und ZDF müssten ihre Programmangebote künftig nach der Nachfrage der tatsächlichen
Mediennutzer ausrichten. Das gälte auch für Spartenprogramme. Diese bieten längst hochattraktive Marktnischen. Es braucht ja gar nicht mehr der Vertreter von Minderheiten- oder Gruppeninteressen in den Fernsehräten, damit diese sich in den Programmen wiederfinden können. Das ganze Konzept ist von gestern. Jedwede Kleingruppe kann heute problemlos medial bedient werden.
Wenn aber – wie es tagtäglich geschieht - Politik gemacht wird durch Sendeanstalten, die über staatlicherseits verordnete Zwangsgebühren für jeden Inhaber einer Wohnung finanziert werden, dann stellt sich nicht nur die Frage nach der Kontrolle dieser politischen Gewalt, sondern auch die der demokratischen Legitimierung ihrer führenden Repräsentanten: Im Grunde bräuchten wir für die Öffentlich-Rechtlichen das gleiche Wahlsystem wie es bei den Sozialwahlen angewandt wird: Regelmäßige reguläre Vertreterwahlen durch die Gesamtheit der zahlenden Zuschauer. Das wäre die konsequente und ehrliche Lösung, wenn an den Gebühren festgehalten wird. Die Politisierung der Anstalten ist lange Realität. Sie wird nicht durch die Beschränkung „politiknaher Personen“ zurückgedrängt, sondern durch ein transparentes Wahlsystem demokratieverträglich gemacht.
Wo sehen Sie Einsparungspotenzial bei den Sendern? (Sowohl bei einzelnen Programmen, als auch bei ganzen Spartenkanälen)
Angesichts der Summe von rund 8 Milliarden Euro jährlichen Gebührenaufkommens – was selbst den Etat aller Hollywood-Studios übersteigt - erübrigt sich eigentlich die Frage: Da finden sich an allen Ecken und Enden Einsparpotenziale. Wenn ARD und ZDF das bestehende System mit dem Argument verteidigen, nur sie böten Informations-, Kultur- und Bildungsfernsehen, dann sollten sie sich eben auf diese Marktsegmente beschränken. Stattdessen investieren sie Unsummen in Kopien von Unterhaltungsformaten des Privatfernsehens und in zweitklassige Vorabendunterhaltung. Wie erwähnt, sie tun das, weil sie ihren Auftrag in der Volksumerziehung sehen. Und hoffen, Zuschauer an sich zu binden. Notwendig ist das mitnichten. Seit Jahren halten sich private Nachrichten- und Infosender erfolgreich am Markt. Mit ihrem angeblichen Qualitätsjournalismus – von dem man freilich zu selten etwas mitbekommt – müssten ARD und ZDF den Wettbewerb mit diesen Sendern leicht aufnehmen können. Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur werden schließlich nicht wegen ihrer Unterhaltungseinlagen gehört.
Wie soll die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks künftig aufgestellt sein, damit ARD und ZDF in der Gesellschaft eine breite Akzeptanz haben?
Das Zwangsbeitragssystem wird langfristig keinen Bestand mehr haben. Daran ändert auch das skandalöse jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts. Jüngere Menschen streamen bei Netflix, schauen Youtube und suchen Informationen im Netz. Da richtet niemand mehr seinen Tagesablauf nach einer 20.15 Uhr-TV-Schmonzette aus. ARD und ZDF sind ihnen egal oder gar unbekannt. Ältere empören sich dagegen zunehmend über den öffentlich-rechtlichen Kampagnenjournalismus, die manipulative Berichterstattung, die Meinungsmache und gouvernantenhafte Oberlehrerei. Dafür durch staatlichen Zwang bezahlen zu müssen, empfinden immer mehr Mitbürger als Zumutung. Man muss doch den Eindruck bekommen, das Zwangsgebührenregime wird nur noch aufrechterhalten, weil die Akzeptanz der Programme immer schneller schwindet.
Es wäre jetzt eigentlich der richtige Zeitpunkt, den Gebührenzwang gänzlich abzuschaffen. Solange noch eine Generation zahlreich präsent ist, die mit dem klassischen Fernsehen aufgewachsen ist, ist der Kreis möglicher Abonnenten hinreichend groß. Wenn die Sender um ihre Gebührenzahler wirklich werben müssten, würden sie ihre Akzeptanz sofort herstellen. Sie müssten ja nicht nur Vollprogramm-Abos verkaufen. Spartenprogramme sind sowieso der Trend der Zukunft.
ARD und ZDF haben, neben den bereits angekündigten Maßnahmen, weitere Einsparungsmaßnahmen verweigert und auf sonst anfallende Einschnitte im Programm verwiesen. Wie beurteilen Sie diese Weigerung der Sender?
Natürlich geht man nicht an die üppigen Vergütungs- und Altersversorgungsreglungen in den Sendern ran. Da mutet man den Kleinverdienern, die das alles zu bezahlen haben, ihre eigenen Renten aber aus der gesetzlichen Rentenkasse beziehen müssen, lieber zu, noch mehr Wiederholungen ertragen zu müssen. Bedarf es eigentlich eines weiteren Beweises dafür, dass die deutsche Rundfunkordnung von Grund auf reformiert werden muss?