Einen Tag danach glänzte der neue ProSiebenSat.1-Chef Max Conze wie schon Vorgänger Thomas Ebeling mit Abwesenheit. Durch das Screening der Unterföhringer führte Klaas Heufer-Umlauf, der zu Beginn mit Schauspiel-Allzweckwaffe Wolfgang Link um die Tonalität des Screenings ringt, nachdem im vergangenen Jahr der Vorwurf laut wurde, ProSiebenSat.1 hätte viel Show, aber wenig Substanz geboten. Auf mit Overhead-Projektor persiflierte Nüchternheit folgte dann erneut die große Show, die zum selbsternannten „Entertainment Power House“ passt. Und Klaas bewies in Köln einmal mehr, wie viel Potential für ihn auch bzw. gerade ohne Joko Winterscheidt steckt.
Bei den kleineren Screenings überzeugten allen voran RTL II bzw. El Cartel Media und Sport 1 mit Präsentationen nah am Markenkern. Der junge Sender aus Grünwald punktet besonders mit dem Screening-erprobten Andreas Bartl, der erst - dank des enormen Erfolges der Sozialdokus - die neue Vielfalt der Reality-Programme präsentierte, dann aber mit Scooter ein Retro-Feuerwerk ablieferte, um den 25. Geburtstag des Senders zu feiern. Sport 1 wiederum war lautstark, stimmig inszeniert und in Ermangelung von Programm, das man präsentieren könnte, mit den Experten Reinhold Beckmann und Axel Schulz prominente Senderköpfe auf der Bühne. Einzelsender können sich natürlich stimmiger inszenieren als wenn eine Portfolio-Vielfalt abgebildet werden muss.
Allerdings: Sky Media gelang eine charmante und gleichzeitig knackige Inszenierung der Partnersender in Form einer Parade, hechelte davon abgesehen leider etwas zu eilig durch zu viele Themen. Die Vielfalt kam rüber, aber als Stückwerk. Discovery („Weltmarktführer im Factual Entertainment“) wiederum präsentierte sich danach wuchtig, etwas kühl und machte - typisch anglo-amerikanisch - auf ganz dicke Hose. Am Ende des ersten Screenforce Days lieferte Visoon eine starke Premiere ab: Der Vermarkter von Viacom und Springers Nachrichtensender Welt war zum ersten Mal dabei.
Die Geschäftsführer rockten einfach selbst, danach war Welt visuell beeindruckend und für einen Informationssender überzeugend, bevor Viacom mit seinen jungen Marken und Ironie einen unterhaltsamen Schlusspunkt setzten. Bei Servus TV spielte man einmal mehr die Alpen-Karte, was kurios wirkt, weil man stetig betont, mehr zu sein als nur dieser Sender aus dem Alpenraum. Charmant und mit heiterem Einspieler war die Präsentation solide. Das lässt sich auch über Disney sagen: Ein Running Gag, immer wieder auf die Überziehung des Disney-Screenings im Vorjahr anzuspielen, und Jungmoderator Marwin waren nicht genug. Es fehlte an Neuigkeiten, was u.a. auch der Tatsache geschuldet ist, dass man „Roseanne“ feiern wollte, nun aber aus dem Programm kicken musste.
Bei Disney zeigte sich bei Senderchef Thorsten Braun (zusammen mit Benedikt Weber auf der Bühne), wie auch bei manch anderem Screening: Wer nicht moderieren kann, sollte tunlichst eine Doppelmoderation vermeiden. Es ist schon Herausforderung genug, alleine vor der Wucht eines großen Saals zu moderieren - da kann jemand in Unterföhring ein Lied von singen -, aber Doppelmoderationen wirken stets gestelzt, es sei denn man heißt Linda Zervakis und Guido Cantz, deren Schlagabtausch beim ARD-Screening - nach anfänglichem Holpern - funktionierte. Dafür präsentierte man „Babylon Berlin“, obwohl es nicht im Werbeumfeld läuft, mischte Erfolgsmeldungen des unfassbar starken Vorabends des Ersten mit einem unnötigen Wettkampf auf der Bühne.
Zusammen mit dem wie schon im Vorjahr angebotenen Rahmenprogramm der Keynotes sowohl im Screening-Saal als auch der kleineren „Impact Hall“ hat die Gattungsinitative Screenforce mit den Kölner Screenforce Days eine relevante Veranstaltung für die TV-Branche und ihre Kunden geschaffen, der Grundlage sein könnte für eine Integration weiterer Branchen-Events - Stichwort Deutscher Fernsehpreis. Verschenkt wurde leider auch in diesem Jahr die Chance, mehr Sendergesichter vor Ort zu haben - nicht einmal, um alle auf der Bühne einzubinden. Beim Socializing in den Pausen und auf der Party waren besonders junge Mediaplanerinnen und Mediaplaner sowie Werbekunden heiß auf Selfies mit den Stars, die da waren - wenn sie denn da waren. Subtiler lässt sich nicht die Behauptung widerlegen, die junge Generation schaue kein klassisches Fernsehen mehr.